Traurigkeit


„Ich weiss nicht, was soll es bedeuten...“

--- dass ich so traurig bin. Ein Märchen aus uralten Zeiten etc.


Manchmal gehen mir Lieder oder Verse nie mehr aus dem Sinn.

Von Janis Joplin „Me and Bobby McGee“ ist auch so ein Fall, kaum gestartet heule ich auch schon.

Wenn ich es mir recht überlege, gab es noch keinen Tag in meinem Leben, wo ich nicht einmal traurig war, es ist ein Dauerzustand.

Als ich noch sehr jung war, begriff ich nicht, was geschah.

Nach dem Tod meines jungen Bruders schien mir der Grund klar, auch nach den Toden meiner Hunde – aber dies war schon immer ein Irrtum.

Erfolglosigkeit in der Literatur? Einfach völlig normal bei 99,99 Prozenten an völlig verblödeten Menschen in allen Verlagen - in der Jetztzeit.


Die unglaublich blöden Zeitungen, Bücher, TV, Internet, Theater, Cinema, Alltag, Beruf?

Langsam sollte ich es wissen, die Ignoranz - kein Grund für Traurigkeit.

Mein eigener Tod der immer näher kommt? Ehrlich, den habe ich schon als Kind als normal akzeptiert.


Ich denke es ist etwas Anderes:

Es ist das Wissen um die Unnötigkeit des Lebens, die Grauenhaftigkeit von Kriegen, von Politik, Wirtschaft und vor allem den mit absoluter Sicherheit bevorstehenden totalen CRASH aller Dinge mit dem Tod der Menschheit in den nächsten 100 Jahren.

Aber ich will diese Entwicklung doch, damit die Tiere und die Natur und die Elenden der Welt endlich ihre Ruhe haben?

Es muss die Unbestimmtheit des Seins sein, das Nicht-Wissen um alle Umstände, das Elend aller Leute, die ihre „Condition humaine“ nie begreifen werden.

Unmöglich dies zu verdrängen und nicht wenigstens einmal am Tag daran zu denken, zu irgendeiner Stunde. – Dies ist wohl der Hauptunterschied von mir zu allen anderen Menschen.

Wenn Jemand zu mir sagt: „Sie sind ein ausserordentlicher Mensch“, meine ich immer eine Anspielung auf meine Intelligenz zu vernehmen. Und dann sagen diese Leutchen jeweils doch tatsächlich: „Sie sind immer so unglaublich höflich und freundlich...“

Da staune ich immer Bauklötze, weil ich mich für den grössten Rüppel halte, den die Welt gesehen hat. Anderseits bin ich der einzige Mensch der Erde, der weder rassistisch noch antisemitisch ist.

Ich bin die umgekehrte Natur als jeder andere Mensch: In Sachen Intelligenz habe ich am wenigsten Mühe mit Konzepten, von welchen andere Menschen keine Ahnung haben. Und in Sachen Verhalten, also Höflichkeit: Je tiefer der Rang, desto höflicher bin ich mit dieser Person. Ein CEO behandle ich wie einen Bettler; eine Putzfrau wie einen Direktor. Meinen Hund rede ich per "Sie" an.

Gut, kann ich meine Traurigkeit und die Verachtung von Blödheit der Masse und vor den Verbrechen der Eliten so gut verstecken, dass es kein Knochen bemerkt; dies wäre doch ein Grund zur Freude – eine Ode an die Freude, denke ich.

Na ja, dies musste auch einmal gesagt sein.


René Delavy – Côte d’Azur

written in July 2020