Kritik an Adam Smith

Adam Smith
(5.6.1723 bis 17.7.1790)

Ich bin nicht akademisch gebildet. Meine Intelligenz beruht auf Genen und einer beruflichen Karriere, was zusammenwirkend dazu führte, dass mir keine Branche der Welt fremd ist und ich jede Konzernrechnung der Welt innert Minuten analysieren und verstehen kann, besser als jeder CEO des eigenen Konzerns. Doch die Wirtschaftstheorien haben mich schon immer fasziniert und man wird nicht Wirtschaftsprüfer mit Auszeichnung, wenn man einfach nur so vor sich hin studiert. Für mich war Wirtschaft schon immer ein lebendes Ding, eine Sache, die man als Ganzes verstehen und gesamthaft durchschauen muss, sonst macht es keinen Spass. Der Beruf des Unternehmensberaters oder Wirtschaftsprüfers oder Bücherexperten oder Chartered Accountant macht nur Sinn, wenn man mehr versteht von Buchhaltung und Rechnungswesen als jeder noch so gescheite Akademiker. Und so hatten die Herren Doktoren von der Handelshochschule St. Gallen bei den Diplomprüfungen keine Chance, ich liess sie weit hinter mir. An Universitäten gehen ist das eine, über natürliche Intelligenz verfügen etwas ganz anderes.

Zudem muss man mehr verstehen als nur Wirtschaft, wenn man einem Adam Smith die Leviten lesen will. Man muss die Philosophie wie Champagner getrunken, alles verstanden, hinterfragt und entlarvt haben, das ganze Geplauder eines Nietzsche und die untaugliche Idee von einem Übermenschen, der vor einem geschlagenen Pferd in Turin kollabiert, die kritische Vernunft eines Kant zugunsten der unkritischsten Mächtigen dieser Welt, den Glauben an kriegerische Machbarkeit eines Machiavelli. Man muss die Popper'schen Märchen von der Nutzbarmachung von Intelligenz in einem untauglichen Gedankenchaos verinnerlichen, die Schopenhauer'schen Benimmregeln des Gutmenschentums goutieren, man muss sie relativieren können, die Habermas'schen Relativierungen von Nationen, funktionierend in einem untauglichen Modell, das den neuen Philosophen über deren Denkenskraft zusammenbrechen wird wie ein Kartenhaus. Nur Bertrand Russell nehme ich von meiner Schelte aus, weil ich mich erinnere, im Süden Englands, in der Nähe von Bournemouth auf einem Bänkchen hoch über dem Ozean auf der Klippe gelesen zu haben, wie dieser Geist des Russell damals, im Jahr 1963, im Rahmen meiner eigenen Denknormen wirkte - oder ich in seinen, wie man will, das wird man eines Tages näher untersuchen können.

Jetzt zu Adam. Es passt zu diesem Namen, denn Adam Smith stand am Anfang, nicht der Menschheit, sondern als Begründer der klassischen Nationalökonomie. Ein Schotte? Ausgerechnet? Wo man diesen Herren doch Geiz nachsagt und somit deren Ausgabefreundlichkeit von Geldeinheiten konträr zu den Systemanalysen ihres Landsmannes Smith steht. Ein Phänomen, immer wieder, die Namensbildung der Berühmtheiten: Smith, ein ganz gewöhnlicher Name, und dieser Name gewinnt unermesslichen Ruhm, weil er schon sehr früh über das Funktionieren der Wirtschaft, des frühesten Kapitalismus nachdachte. Was höre ich da, Smith habe nichts mit Kapitalismus zu tun? Seit 2000 Jahren hat alles nur noch mit Kapitalismus zu tun, sogar im Kommunismus, meine Herren, die Frauen lasse ich hier vor, denn diese denken nicht an Geld, nicht an Wirtschaft als Ganzes, sondern an den Konsum, an das Einkaufsvergnügen, was etwas anderes, aber noch schlimmer ist.

Also, dieser ganz gewöhnliche Smith untersuchte zuerst einmal die Mechanismen in der Natur und dann suchte er Lösungswege, die Logik der Natur auf die Nationalökonomie zu übertragen. Oder soll ich sagen, zu reduzieren? Auf eine solche Idee muss man schon mal kommen. Ich jedenfalls mache es umgekehrt: Die Nationalökonomie hätte sich schon immer nach der Natur zu richten gehabt und nicht umgekehrt. Man sieht also, dass schon zu Beginn der Wirtschaftslehren der Wurm total drin war und nie mehr einen Ausgang aus dem immer fauleren Apfel finden konnte.

Im Mittelpunkt seiner Theorien stand der Wert der Arbeit. Wert? Arbeit? Heute hat Arbeit keinen Wert mehr, aber dies konnte Adam Smith damals ja noch nicht wissen. Also sprach er weise: Es braucht ein sich selbst regulierendes System, das ohne Regulierung durch den Staat ein sinnvolles Ganzes ergibt. Grundlage meiner nationalökonomischen Sicht ist die Arbeitswertlehre, wonach sich der Wert einer Ware nach der in ihr vergegenständlichten, gesellschaftlich notwendigen Arbeit bestimmen lässt.

Erstaunlich, erstaunlich. Der Preis von Benzin ist also das Resultat von Arbeit, die Denkarbeit von George W. Bush ist nach deren Wert zu beurteilen? Also im zweiten Fall gestehe ich Smith eine gewisse Logik zu. Im Ersteren, bei den Rohstoffen, bei Erdöl, Flugreisen und der Abfallentsorgung hatte er irgendwie Unrecht. Doch seien wir fair: Es gab damals noch keine Kernkraftwerke und Flugzeuge, die Abfallberge in gigantischem Ausmass waren noch nicht vorhersehbar und der menschliche Abfall, in Form von Menschen wie George W. Bush, war noch ungeboren. Wobei - was kann dieser George dafür, wenn seine Nation so dumm ist und ihn wählt? Auch ein Gedanke, der in der Phantasie von Adam Smith nicht so viel Platz einnahm, leider.

Atem holen - und doch, doch, doch. Was taugt ein wirtschaftliches Denkmodell, wenn es Jahrhunderte später noch angewendet wird und sich herausstellt, dass es das real existierende Chaos nur noch erhöht? Irgendwie liebe ich naive Menschen und so wäre es nicht fair, hier schon den Stab über Smith zu brechen. Doch es wäre wirklich sehr schön gewesen, wenn er Arbeit mit etwas mehr Kritik versehen und zum Beispiel Unterscheidungen vorgenommen hätte, nützliche Arbeit oder verblödende oder gar schädliche Arbeit, wenn er den Nutzen von Arbeit im Lichte respektive aus der Sicht des Planeten Erde verurteilt und in seinen Theorien schon damals die Evolution des Menschen sinnvoll einbezogen hätte. Hat er nicht. Warum nicht? Lieber Leser, jetzt strengen Sie Ihren Kopf doch auch einmal an, wenigstens dieses eine Mal. Schliesslich werden Sie nach der Lektüre des Buches behaupten, alles schon vorher gewusst zu haben. Ich warte: Aha, Sie meinen also, dass mein Angriff nicht korrekt sei, weil Arbeit wirklich einen Wert verkörpert, der messbar ist, dass je mehr Arbeit in einem Produkt steckt, es umso teurer verkauft werden müsste. Müsste? Aha, Unsicherheit. Ich präzisiere: Man verkauft überhaupt nie etwas nach dem Massstab einer Arbeit und deren Nutzen, sondern, wie spätere Irrläufer der Nationalakademie erfinden werden, nach Angebot und Nachfrage oder noch schlimmer, nach den Illusionen der Börsenmakler.

Ich will Herrn Smith nichts vorwerfen, im 18. Jahrhundert, weiss Gott, doch er selbst wurde doch zum Ursprungspapst der Volkswirtschaften erklärt. Warum hat später keiner den Beschiss bemerkt? Es ist ganz offensichtlich: Arbeit hat einen Wert, doch nur für den Menschen. In einem Auto steckt viel Arbeit, also ist es teuer, es vergiftet die Umwelt, also hätte die Arbeit unterbleiben sollen, denn den wahren Preis bezahlen die zukünftigen Generationen und dies wird heute, im Jahr 2004, von keinem einzigen modernen Nationalökonomen begriffen. Ich bin Buchhalter und weiss es. Die anderen sind Akademiker und stockbesoffen in ihrer geistlosen Welt der Machbarkeiten.

War Smith also der erste grosse Irrdenker? Ich denke, er konnte nichts dafür, er bemühte sich ernsthaft um Stärkung der Manneskraft im Menschen, um das Fortkommen von Fortschritt, das Wachsen von Wachstum, das Bekämpfen von Armut und das Schaffen von Reichtum für die Reichen, die die Armen zu Arbeit anregen und ihnen den kleinstmöglichen Lohn dafür bezahlen, wie damals im Jahr 1776 so auch heute im Jahr 2004. Ich beweise damit, dass wir seit Adam Smith keinen Schritt weitergekommen sind. Dabei hatte Smith noch nicht einmal den Nobelpreis erhalten, weil damals das Dynamit noch nicht erfunden war. Schade, ich hätte seine Nobelpreisrede, sein Lob auf die Arbeit der Deprivierten, wirklich hören wollen, damals, in meinem früheren Leben, als ich Smith sagte, dass seine Theorie Unsinn sei und mich alle auslachten, weil ich dachte, die Erde sei zu schwach, um Grössenwahnsinnige zu tragen. Nun denn, weil ich zu jener Zeit versagte, muss ich die Arbeit im Heute nachholen.

Lieber Adam Smith, dein Erbe wird noch sein wahres Gesicht zeigen, die wirklichen Folgen eines Falschdenkens offenbaren, doch niemals so, wie du gedacht haben magst. Ich weiss, dass diese Art von Analyse nicht goutiert wird, denn man kann hohe Geister nicht zwei Jahrhunderte lang in Ehren halten und dann einfach so feststellen, dass solche Wirtschaftslehren im Endeffekt - neben einigen wertvollen Thesen - nur zur Erhöhung von Illusionen geführt haben. Der Beweis für diese freche Behauptung liegt in den nachfolgenden, immer moderner werdenden Theorien begraben.