Eine Hundeleben



Ausklang


Ein Hundeleben als Sinnbild




Er zieht die Luft tief in sich hinein und starrt vor sich hin, hinein in das Geflimmer seiner immer unwirklicher werdenden kleinen Welt. Hinter den Büschen, zusammengekauert, lugt er hervor, auf die Fahrzeuge, die in der Ferne vorbeizischen, und hofft immer noch, dann schläft er wieder ein, zufrieden, vom Elend der Existenz erlöst zu werden und träumt: Er tollt mit kleinen Hunden auf einer Wiese herum, dann nuckelt er am Bauch seiner Mutter, alles ist weich und warm, bis ihn eines Tages jemand hochhebt und bewundernde Laute ausstösst, ihn in ein fahrendes Ungetüm legt und er in eine andere Welt kommt. Noch trauert er seinen Geschwistern und seiner Mutter nach, die ihm zuerst sehr fehlen, doch allmählich gewöhnt er sich an seine neue Umgebung, die neue Familie von Menschen, die jetzt zu seiner Existenz wird. Er wird gross und stark und stolz, darf die Familie begleiten, liebt sein Alphatier über alles, würde dafür durch die Hölle gehen. Immer wieder verlassen sie Haus und Garten und gehen auf Reisen, grosse Gewässer locken, wo das Wasser miserabel schmeckt und auf hohe Berge, wo er seinen ganzen Mut zusammennehmen muss, vor allem das erste Mal, beim Blick in die Tiefe. Alles geht seinen Lauf, nichts weiss er von Leben und Tod, Jahre gehen dahin, es wird hell und dann wieder dunkel, es wird warm und dann wieder kalt, mal gehen sie wandern und baden, dann wieder tollt er im Schnee herum, die Ereignisse wiederholen sich, gelegentlich verschwindet ein liebes Gesicht und ein anderes beugt sich über ihn, doch er nimmt es hin, wie es kommt. Einmal machen sie wieder eine Reise. Ein anderes Alphatier ist sehr lieb zu ihm und legt einen Haufen Würste ins Gras, an einem Ort, wo die Autos immer so stinken und dann wieder wegfahren. Er stürzt sich auf dieses Festmahl und verliert sich noch etwas in den Büschen, der Meister wird schon rufen, doch diesmal ruft niemand, und als er das Fahrzeug sucht am bewussten Ort, ist da nur eine Leere sowie der Gestank der Tankstelle. Noch lange irrt er umher und sucht seinen Meister, doch schliesslich wird es kühler und dunkel und er verzieht sich zu einer ersten Nacht unter die Bäume. Da hat er Durst und sucht nach Wasser. Hinter einer Zaunlücke hat es eine grosse stinkende Pfütze, die er gierig beleckt. Es wird Tag und wieder Nacht, er irrt in immer grösser werdenden Kreisen durch das Gebiet rund um die Tankstelle, wochenlang, findet Futter in Abfallbehältern und wird trotzdem immer schwächer. Das Atmen fällt ihm schwer. Hie und da spielen noch Kinder für kurze Zeit mit ihm, dann werden sie in die Fahrzeuge gerufen. Noch immer wartet er auf den gewohnten Zuruf seines Herrn, seines Gottes, doch er ist verlassen und wird es bleiben, und so schaut er zwischen den Lidern auf die Strasse und spürt, dass ihn der Tod jetzt bald erlösen wird von einem schönen Leben, das eben nicht so enden durfte, wie Menschen sich das jeweils erhoffen. Ein letztes Aufbäumen, er versucht nochmals auf die Beine zu kommen, dann legt er sich auf die Seite und wartet ... da ... hört er nicht eine vertraute Stimme von ferne seinen Namen rufen?

So endet ein Buch auf einer friedlichen Note, man hat nun alles geschaut, das Gute und das Böse, und ist keinen Schritt weitergekommen. Es ist nicht ein Hund, der da gestorben ist, ohne je zu wissen, was Tod bedeutet, er ist ein Sinnbild für mehr. Wie doch haben sie ihn gerufen, den Hund, ein Leben lang? Er hörte auf den Namen "Mondo".