Was wird in
Zukunft bleiben von den Schriftstellern der Welt?
(aus "Das Buch der Kritiken 2")
Zu diesem Text wurde ich angeregt durch zwei Schreiberlinge der
Feuilleton-Zunft der Schweiz, die im Wochenblatt "Die Weltwoche" sich
darüber Gedanken zu machen schienen, was in Zukunft bleiben wird von den
Schriftstellern Max Frisch und Friedrich Dürrenmatt.
In gewohnt virtuoser Art universitär gebildeter Literaturkritiker,
nahmen sie sich dieses Themas an, ein Julian Schütt und ein Peter Rüedi,
ähnlich wie dies ein Marcel Reich-Ranicki tun würde, stellten sich die Frage,
was das Lebenswerk von Frisch und Dürrenmatt brachte, wer "besser"
war, was bleiben wird in der Zukunft, und was der eigentliche Wert dieser
Literatur und von Schriftstellerei überhaupt sein würde in der Rückbetrachtung
einer noch unerforschten Zukunft.
Es zeigt sich einfach einmal mehr, dass, wenn gewöhnliche Schreiber sich
der Zukunft annehmen, ein Null-Ergebnis zustande kommt. Es verhält sich so mit
der Literatur, aber auch mit Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Philosophie und
Religion. Es kommt auf die geistige Durchdringung an. Wie ist die Vergangenheit
der Menschen zu deuten, warum hat sie zu den Ergebnissen der Gegenwart geführt
und wie beeinflusst diese die Zukunft der Menschen, nicht nur in Bezug auf die
Frage zweier Schweizer Schriftsteller, sondern überhaupt? Dies wäre eigentlich
die einzig vernünftige Art und Weise, über das Menschsein, das Menschentum, das
Gutmenschentum dieses total ins Leere fallenden Zeitalters um den Beginn des
21. Jahrhunderts, grundlegend zu schreiben.
Doch ich will vorerst einmal klein anfangen, und einige Schriftsteller
auf ihre Bedeutung und ihren Zukunftswert abklopfen:
Max Frisch
Ich würde ohne Max Frisch nicht schreiben. Es war auf der Fahrt zur
Prüfung eines Versicherungskonzerns, als ich vor über 30 Jahren am Radio die
Vorlesung des Kapitels "Am See" aus dem "Tagebuch I
1946-1949" hörte. Zuerst nahm ich mehr aus Gewohnheit nur oberflächlich
diesen Text wahr, der sich mehr und mehr verdichtete, mein Bewusstsein
erweiterte und als die Lesung zu Ende war, musste ich sofort einen Parkplatz
aufsuchen und mich ausweinen. Ich hatte zum ersten Mal in meinem Leben
erfahren, was höchste Literatur vermag. Eine Gegenwart so darzustellen, dass
sie für die Ewigkeit erfassbar sein würde, wenn auch nur auf einen unendlich
kleinen Teilbereich bezogen.
Es vergingen Jahre, bis ich einige Texte dann schrieb, die die Grundlage
zum "Orakel 1995" sein würden, heute erkennbar in "Nothing but a
silent cry." Ich konnte damals nicht wissen, dass ich bereits das Höchste
von Frisch erkannt hatte. Das Tagebuch I ist wirklich grossartig,
geheimnisvoll, unterschätzt, voll dessen was er nachher eigentlich nur noch
verfeinern würde. Schon "Tagebuch II 1966-1971", als vielleicht
zweitwichtigstes Buch von Frisch, war nur ein Versuch einer Aufarbeitung der
Grauenhaftigkeit einer Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Doch die Aussagen waren
philosophisch kaum von Wert. Literarisch können nicht viele Schreiber an Max
Frisch herankommen, ich schon gar nicht, aber denkerisch war Frisch bereits an
sein Ende gelangt.
Man nehme "Stiller", "Holozän", "Homo
faber", "Montauk" oder alle seine Theaterstücke, geistig sind es
bessere Schulaufsätze. Da kann nicht viel bleiben in Zukunft. Und ein Vergleich
mit Friedrich Dürrenmatt ist ein Wahn von Kritikern, die geistig auf dem Niveau
von zehnjährigen Kindern reflektieren, wie wir gleich sehen werden. Frisch ist
von seiner Sprachkunst, den Fragestellungen, gewissen fundamentalen
Erkenntnissen, die etwa bei "Biedermann und die Brandstifter" und in
vielen Kurzgeschichten der Tagebücher durchschimmern von Bedeutung. Nur hat er
selbst seine Geistesblitze, genau so wie Dürrenmatt, nie zu Ende gedacht. Dies
haben beide dann einem Zeitgenossen um 2000 überlassen, wofür hier an dieser
Stelle gedankt sei.
Sie kamen rasch an ihre Denkgrenzen und ihre Leistung lag darin, ein
Zeitzeugnis für die Schweiz abgegeben zu haben, einem ganz kleinen und immer
unbedeutender werdenden Urland in Zentrum Europas. Die Welt interessierte sie
nicht und die Zukunft der Menschheit schon gar nicht. Genau wie Derrida,
Sartre, und alle heutigen Kraut-und-Rüben Philosophen blieben sie in engen
Denkgefängnissen verhaftet, es war ihnen unmöglich, ihre eigenen Denkanstösse
konsequent bis zum bitteren Ende zu durchdenken, und sie kokettierten mit
dieser Unfähigkeit sogar. Also, was wird bleiben? Für Kritiker alles, für
Denker nichts.
Friedrich Dürrenmatt
Ich kenne Dürrenmatt persönlich, sozusagen. Kurz vor seinem Tod ging ich
mit Freundin und ganz jungem Hund hinter Sargans in die Berge. An einem Stausee
kamen uns Dürrenmatt und Frau Kerr entgegen und freuten sich aufrichtig am
kleinen Hund, der sofort auf die Schuhe des grossen Dichters absank. Der Herr
würdigte mich keines Blickes und blieb stumm, während die Frauen miteinander
etwa zwei Minuten gossipten. Das war's dann auch schon und genügte, dass ich
auch bei Dürrenmatt im Auto weinen musste, als seine Todesnachricht auf dem Weg
zur Arbeit verkündet worden ist.
Mich freut heute zu erfahren, dass "Der Besuch der alten Dame"
sozusagen die Lebensexistenz von Dürrenmatt gerettet hat. Wie so oft, wird
Geist nicht bezahlt, im Gegensatz zu Sport, Politik, "Kunst" und
anderer Blödsinn von viel kleinerem Wert. Und dies relativiert meinen Spott zum
rudimentären Inhalt dieses Theaterstückes, der eigentlich nur die
Binsenerkenntnis "Menschen sind durch Reichtum zu kaufen und zu
verblöden", verkaufen will, was dann ja auch gelang. Nein, Dürrenmatt und
seine Theaterstücke kann man in Bezug auf die Zukunft vergessen. Nicht für die
oberflächlich zu begeisternde Theater- und Literaturszene, jedoch in Bezug auf
die Wucht der Gegenwartsvernichtung, die soeben angelaufen ist für die
Menschheit der Zukunft. Was vom Denker nach den Kollapsen, die auch von
Dürrenmatt klar erkannt worden sind, bleiben wird, sind allein "Die
Stoffe". Sie sind das eigentliche Vermächtnis von Dürrenmatt, neben heute
noch unbekannten Texten aus dem Nachlass, die Dürrenmatt in seinem
Perfektionswahn selbst verkannt hat.
Doch reden wir vom Bekannten: In "Labyrinth" und
"Turmbau" sowie "Gedankenfuge" hat Dürrenmatt Texte
geschrieben, die Frisch bei weitem übertreffen. Nicht die Sprache ist es, die
hier zählt, sondern die sonderbare Weise, Erkenntnisse über die Jetztzeit so zu
verarbeiten, dass ein Geheimnis um den wahren Wert der Dinge entstehen konnte.
Nur ist hier eben wieder zu sagen, dass Dürrenmatt immer dort geistig an
Grenzen kommt, wo es interessant sein würde, und dann driftet er ab ins
Science-fiction-Artige, fängt an zu phantasieren, geht irre Wege, nur um die
Wahrheit nicht schreiben zu müssen, die darin besteht, dass die Menschheit
geistig, wissenschaftlich, technisch, philosophisch an ihr Ende gelangt ist und
total den Überblick über die eigene Existenz verloren hat.
Ich habe selbst in meinem Buch "CHAOS" eine seiner
philosophischen Betrachtungen, eine Gegenüberstellung von Kapitalismus zum
Kommunismus, zu Ende gedacht und sehe von daher, wo das Defizit lag. Dürrenmatt
wollte schon immer mehr, als zu was er fähig war. Für durchschnittliche Geister
lag er damit weit ab in den Wolken und verkannt wurde daher, hauptsächlich von
Kritikern, dass seine Aussagen nur Gegenwartsanalysen waren, nie das
Fundamentale der Existenz des Menschen erklärte und schon gar nicht die
Zukunftsentwicklung des Homo sapiens auch nur ansatzweise vorwegnehmen konnte.
Dürrenmatt ist wohl einer der besten Schriftsteller aller Zeiten, literarisch,
noch weitgehend unerforscht und unerkannt, so ähnlich wie auf tieferer
geistiger Ebene Robert Walser. Doch denkerisch ist er für die Zukunft ohne jede
Bedeutung.
Doch der eigentliche Wert von diesen beiden Schriftstellern der Schweiz
wird wohl nur erkannt und relativiert, wenn man die Reihe fortführt über alle
wichtigen Literaten aller Zeiten. In Anbetracht der Wucht vergangenheitlicher
geistiger Fehlentwicklungen, die zur heutigen Katastrophen des US-Kapitalismus
führten und die im totalen Niedergang der Menschheit, ökologisch,
wirtschaftlich, politisch, philosophisch, denkerisch, medien- und kulturmässig
führen müssen, ist es besonders wichtig , wenn wenigstens ein Denker der Zeit
um den Beginn des 21. Jahrhunderts hier Relativierungen der unersetzlichen Art
gedacht haben wird - und dies werde ich hier und jetzt ein weiteres Mal tun.
Es gibt eigentlich nur ganz wenige Dichter und Denker, die in Bezug auf
den Niedergang der Spezies Homo sapiens am Schluss einer gigantischen geistigen
Fehlentwicklung von Bedeutung sein könnten. Es sind dies:
Blaise Pascal, René Descartes, Immanuel Kant, Platon, Bertrand Russell,
vielleicht noch da Vinci, Galileo, Einstein - und schon komme ich ins Stottern.
Gehören hier etwas auch dazu Denker wie: Nietzsche, Schopenhauer, die
Sophisten, alle Pragmatisten, alle "Aufklärer" und
"Erleuchteten", die Esoteriker, die "Realisten" und alle
anderen Seitenzweige, wie etwa der Naturalismus, verkörpert durch den
Naturburschen J.J. Rousseau? Und was soll man von den Irren, den
Kraut-und-Rüben Philosophen der Gegenwart seit 1950 halten, die überhaupt
nichts vom gegenwärtigen Chaos in Wissenschaft, Technik, Ressourcenverschleiss,
Gesetzen der grossen Zahl, Bevölkerungsexplosion bei gleichzeitiger Luft- und
Wasser- und Bodenvernichtung, Wirtschaftswahn, Geld-Casino, Zusammenbruch aller
Schuldentürme von quasi-konkursiten Staaten und Gesellschaften kapiert haben?
Ich schäme mich allein schon, auf diese geistig tiefe Stufe absinken zu müssen
und bleibe lieber bei den Ikonen der Schreiberzunft. Denn hier sind
Erkenntnisse der höheren Art noch möglich:
Shakespeare
Diese Ikone anzugreifen, ist ganz besonders leicht: Er hat in einer gewaltigen
und nie mehr erreichten Sprachgewalt ganz einfache Idiotien umgesetzt:
Machttrieb, Schlächtereien, Liebeleien, Intrigen, Zynismus der Macht, die
Wirkungslosigkeit von Geist, die Abgründe der Triebe und der Niedertracht, im
menschlichten Streben nach Macht und höherer Geistigkeit. Alles ganz schön,
aber unglaublich anspruchslos in philosophischer Hinsicht. Dass dies
Theaterliebhaber und Kritiker ganz anders sehen, muss nicht erstaunen, denn
diese Universalgeister haben noch nie etwas begriffen von der Wucht
fundamentaler Vorgänge in der Welt und verwechseln ständig den Anschein von
Geist mit innerer Wahrheit über das Wesen der Dinge.
Leute, die noch nicht einmal den Hauch einer Ahnung haben, wie eine
Bank, eine Versicherung, ein Industriebetrieb oder ein Staat funktionieren,
sollten ganz einfach nicht so tun, als würden sie es über die Literatur oder
das Theater oder die Oper kapieren.
Dies ist einer der grössten Bluffs, die der weltweite Kulturbetrieb
bereithält, um die Durchschnittsmenschen zu verblüffen und zu verblöden. Sie
sind in ihren geistigen Ansprüchen kein bisschen über jene von GW Bush zu
stellen. Ein Denker, der denkt, schreibt selbst, und beurteilt keine Denker
schreibenderweise, weil er am Anspruch zerschellen muss.
Man könnte den ganzen Kulturbetrieb ersatzlos streichen und die Welt
würde genau so weiter blind ins Leere laufen, wie sie es ohnehin schon tut.
Shakespeare soll man einfach anerkennen, als was er ist: Theatermann,
höchst gebildet, fähig die Machtspiele der Eliten aller Zeiten zu durchschauen
und auf die Bühne zu bringen. In Bezug auf die fundamentalen Erkenntnisse zur
Zukunft der Menschheit ist es nicht zu gebrauchen. Nicht ein einziger Satz aus
seiner Feder hat das Zeug, einen anspruchsvollen Denker auf das Chaos der Zukunft
einzuschwören: "Hamlet" und die hohlen Sprüche zu dessen Unverstand
ist Kunst, nicht Philosophie, und schon gar keine, die uns den Vorhang öffnen
würde zum Verstehen der nun beginnenden chaotischen Auswirkungen einer nur von
sich selbst eingenommenen, nur sich selbst anerkennenden Menschheit, die sich
über Religionen zum eigenen Gott erklärt hat. Diesen Wahn hat Shakespeare
erkannt und in einfache Sprache umgesetzt. Wobei hier die Betonung allein auf
dem Wort "einfach" liegt. Die Realität des Menschen ist aber nicht
einfach, und es braucht ganze Bücher, um die geistigen Fehlleistungen des Homo
sapiens zu offenbaren. Dies hat bis heute keiner vermocht, ausser mir selbst.
Literaturkritiker, die von Realität noch nie je etwas begriffen werden, werden hier
von "Wahn" reden wollen, ganz einfach, weil sie von "Welt"
noch nie auch nur einen Hauch verstanden haben und darauf sogar noch stolz
sind.
Franz Kafka
Ohne Zweifel war Franz Kafka nach den Normen des Literaturbetriebes ein
grosser Geist. Und wie so oft, wurde er erst lange nach seinem Tod als solcher
erkannt. Sein Leben war eine einzige angsterfüllte Misere, die er in seine
Werke umwandeln konnte. Es fällt mir schwer, über Kafka herzufallen, doch im
Dienst der Realitätserfassung muss ich dies leider tun. Ich habe einmal die
gesammelten Erzählungen von Kafka gekauft und nach nur etwas 50 Seiten in die
Ecke geschmissen. Dies soll ein Jahrhundert-Genie sein, diese Ansammlung
einfachster Überlegungen? Gerade noch eine Legionsgeschichte aus Afrika konnte
mich einigermassen rühren, der Rest war ohne jeden inneren Wert.
Doch beurteilen wird Franz Kafka nach seinem Turmbau: "Das
Schloss" und "Der Prozess". Hier hat er den ganzen Wahn der
Menschheit, das Machtgefälle zwischen denen, "die es geschafft
haben", also der Elite und ihren grauenhaften Zudienern, die bis heute ihr
Unwesen treiben in der Welt, zum Beispiel mit Bush und seiner CIA, in klare
Worte gefasst. Er konnte dies, weil er ganz einfach sein fundamentales
Lebensgefühl einer totalen Verunsicherung irgendwie auf Papier bringen musste.
Und herausgekommen ist wertvollste Literatur. Und das war's dann auch schon.
Denn denkerisch gibt es nichts her: Wir wissen seit Jahrtausenden, dass der
Mensch ein wildes Tier ist, zum Okkulten neigt, jederzeit jeder jeden zu Tode
foltern kann und wird, dass das "Tierische" im Menschen das
"Menschliche" im Tier jederzeit um Potenzen übertrifft.
Wir hatten sie alle schon, die Keller der Verdammnis, wo Unschuldige
schmachteten und zu Tode gefoltert worden sind, vom Katholizismus und allen
anderen Religionen, von Funktionen der politischen Macht, nicht nur seit
Pinochet, von Reichen, die Arme um den Verstand bringen. Kafka hat dieses
Lebensgefühl in die Bücher gebracht, aber nicht die Erklärung, warum dies alles
möglich sei, warum es geschieht, wohin die Reise einer solchen Spezies Homo
sapiens noch führen wird. Und für die Menschheit ist nur diese Frage von
Bedeutung, sonst liest man sich einfach an Kafka zu Tode und hat am Schluss
nichts von den Mechanismen der Macht und ihrer zynischen Dummheit kapiert.
So ist es also auch bei Kafka: Wenn man den denkerischen Untergrund
abklopft, bleibt nur ein dumpfes Stöhnen, und keine lebenswichtigen
Erkenntnisse. Wozu dann davon schreiben, wenn man nichts lernt und begreift vom
Wesen des Seins und eines seiner Hervorbringungen, dem Menschen?
Goethe
Es gibt Geister, die waren wahre Füllhörner des Geistes und brachten
ihre Zeit in einem Ruck auf eine höhere Stufe der Erkenntnis über sich selbst.
Ohne Zweifel gehört Goethe dazu. Er konnte schreiben was er wollte: Über die
alten Griechen, die Geschichte, Reisebeschreibungen, Erlebnisse des Tages,
seine eigene Existenz - immer schwang ein Untergrund tieferer Erkenntnisse über
das Seiende mit. Und wo ist der Stachel? Er liegt genau da, wo mein Unverstand
beginnt: Warum waren alle Philosophen und Denker aller Zeiten nie in der Lage,
auch nur einmal ihre eigene Wichtigkeit unter den Scheffel zu stellen? Und zu
erkennen, dass allein die Ursuppe oder der Ursumpf des Menschen, der Planet
Erde und alle seine Funktionen das Wichtigste für den Homo sapiens sind?
Diesen Grössenwahn über das Menschsein, hat auch Goethe wie alle anderen
kultiviert bis zum Exzess.
Und auch er hat nie erkannt, wohin diese Reise führen wird - nämlich ins
totale Chaos. Der Wahn, dass der Mensch alles sei, und seine Lebensgrundlage,
sein Planet, ein Nichts, ist der Urgrund, warum die Menschheit definitiv
"down the drain" gehen wird, ohne jede Chance auf Korrektur und
Wiederkehr. Warum nur hat Goethe nicht schon damals, in der Aufklärung hinein
in einen Modernismus, der diese grauenhafte Massenmenschheit mit seinen
technischen "Errungenschaften" begründen wird, der mittels Geldwahn,
Technologie- und Wachstumswahn, Auspowerung des ganzen Planeten, wo bald jede
Ressource in Giftstoff umgewandelt sein wird, wo uns die aus dem Gleichgewicht
geratene Klima- und Wetterbalance bald um die Ohren fliegen wird, warum hat
sogar ein Universalgenie wie Goethe, aber auch Da Vinci, Galileo und sogar
Einstein nie begriffen, dass die Menschheit aufgrund ihrer geistigen
Konditionierung, ihres Geisteswahns, ihrer Geldgier, ihrer
Technologiegläubigkeit, an sich selbst scheitern werden und müssen?
Ist dieser Vorwurf "gerecht"? Goethe lebte doch lange vor dem
Technologiezeitalter, der Wissenschaften aller Machbarkeiten, gelebt. Darum
geht es nicht. Es ging immer nur um den Grössenwahn von Goethe und aller Denker
seiner Art, immer nur den Menschen in den Mittelpunkt aller Wichtigkeiten zu
stellen, und die Natur als Dekoration zu behandeln. Uns selbst, jedem von uns,
wenn dies geschieht in einer Weise, die alle Literaturkritiker in die Hosen
scheissen lassen vor Begeisterung, bleibt die Erkenntnis:
Warum haben diese Denker nie, absolut nie "fundamental"
gedacht, in Bezug auf das Seiende? Warum haben sie immer nur sich selbst
abgefeiert, eigentlich aber nur die Reichsten und Mächtigsten, sehr zum Schaden
von den Armen, Vernachlässigten, den Tieren, den Pflanzen und der gesamten
Ökosphäre des Planeten? Pure Dummheit, pure Überheblichkeit, pure menschliche
Arroganz, ungewollte Blindheit? Nein, es war alles nur eine einfache Fehlentwicklung
des Geistes einer aussterbenden Spezies. Ganz einfach. Eine andere Erklärung
ist unmöglich, angesichts der totalen Selbstverblödung in der Jetztzeit, nicht
nur bezüglich des Kulturschaffens und der "Wichtigkeit" von Literatur
für die Zukunftsmenschheit. Ökologisch und planetar sind wir längstens schon
alle tot.
Peter Bichsel
Heute hat Peter Bichsel offenbar seinen 75. Geburtstag. Herzliche
Glückwünsche. Ich höre die Radiosendung, höre seine Stimme, die Geräusche des Zuges
in welchem er sitzt, seine Geschichten, die zu Tränen rühren und staune über
seine Kunst, das menschliche Leben und dessen Umgebung erkunden zu wollen. Ich
ertappe mich, dass er mich erstaunt, weil ich ihn unterschätzt hatte, wohl ein
Leben lang.
Und er sagt so feine Dinge über Jeremias Gotthelf und Gottfried Keller -
fehlte nur noch der berühmte Robert Walser und Peter Bichsel selbst. Und einige
Worte zu Max Frisch und Friedrich Dürrenmatt. Mein Gott, ist das Leben doch
einfach und schön: Man wird geboren, ist alt-klug schon als Kind, wird wichtiger
im Mittelalter, verdummt in ehrlicher Weise im Alter und ist für immer
entschwunden, einfach nicht mehr da, weniger wert als ein verstorbener Löwe. In
der Masse der Ameisen zählt ein Leben weniger als ein Furz.
Was mich immer wieder erstaunt, an nationalen Dichtern, ist ihre
geistige und örtliche Begrenztheit. Es ist nicht allein ihre Begrenztheit des Denkens
und Geistes, sondern eine geplante und gewollte Begrenztheit des
Denken-Wollens, wegdenken von Philosophie, von kein Wissen haben wollen in
Gebieten der Wirtschaft, Politik, Ökologie, eine Ahnung haben von der Welt als
Ganzes. Dies Alles wäre für kleine Denker einfach zu gross. Und natürlich viel
zu gross für sämtliche Feuilletonisten der Welt, auch für Marcel Reich-Ranicki
und Peter von Matt und andere Schweine der Selbstüberhöhung. Es gibt keine
Unterschiede mehr. Alles ist deutsches "Fräulein-Wunder".
Ich sage nicht, Peter Bichsel sollte nie gelebt haben. Ich sage, dass er
zu den 99,99 Prozent jener gehört, die niemals wirklich etwas Bedeutendes
werden geleistet haben für diesen Globus. Und deshalb verrecken wir jetzt auch langsam
- nur unterbrochen von den sentimentalen Trommel-Feuern von Schreibern, die offenbar
als Schriftsteller geboren worden sind - und sich gerade deshalb niemals einen
Gedanken leisten konnten zum "Real Seienden". Die Welt wird regiert
von einem unglaublich tief stehenden geistigen Durchschnitt des Denkens auf
Ronald Reagan Niveau - und weil wir Demokratien, Diktaturen der dummen
Mehrheiten haben, in allen Gebieten von Politik, Wirtschaft, Philosophie, Kunst
und Literatur, kommt alles so tief daher, dass ich mich freue, wenn ich meinen
Hund rufen kann, in sein Gesicht sehen und sagen: "Du, Hund, hast
wenigstens noch Instinkte, nicht wie die dummen Menschen. Du hast noch Werte,
Du bist ethisch ohne zu wissen, was Ethik ist."
Lieber Bichsel, lerne etwas, das Dich gar nicht freuen wird: Menschen
sind für die Katz - und DU hast dies niemals realisiert…. diese Menschheit hat
sich selbst überflüssig gemacht. Wer nicht denkt, den bestraft das Leben, so
wie Gorbatschow, der Arsch, der einen ethischen Ansatz im Sozialismus
vernichtete, um das ganze Land dem Putin und seinen Oligarchen zu verschenken,
getrieben von Friedman, Sachs, GW Bush und andere tierische Stumpfsinnige.
Philip Roth
Welch ein Getue um einen amerikanischen Schriftsteller, einen öden
Pragmatisten, der "immer noch nicht" den Nobelpreis erhalten habe für
seine Kunst, weil die Preisstifter eben aufbauende Literatur mögen und nicht
den oberflächlichen Verriss von gelebtem Leben innerhalb einer Lebenslaufbahn.
Recht haben die Schweden, jedoch nicht im Sinne, den sie selbst sehen.
Wer wie Roth nur jene Wichtigkeit sieht im menschlichen Leben, von Sex,
Charakter und Tod, und daraus seine Kunst schöpft, ist eigentlich ein irrer Idiot.
Es darf niemals genügen, wenn Literatur sich nur noch um Menschen und ihre
Gefühle und Schicksale kümmert, aber nicht um das ganze Welttheater, in welchem
dieser Quatsch sich abspielt. Die Welt besteht nicht nur aus Menschen mit ihrer
Dummheit und Selbstanklagen und Selbstmorden. Die Welt besteht aus Geist,
Philosophie, Gerechtigkeit höherer Ordnung, allen Mitspezies eines grauenhaften
Holocausts der Tiere, einem Kommen und Gehen von ganzen Völkern, meistens
ausgerottet (ausge-rothet) aus Gründen von Arroganz, Gier, Überheblichkeit. Die
gesamte Nation USA besteht aus diesem Gerümpel eines Kollektiv-Gefühls, das
diesem Roth als Ganzes so ziemlich gleichgültig ist. Er wird verrecken zusammen
mit seiner grossen Nation.
Alles was er schreibt wird einem Individual-Vorsatz geopfert, weil es
sich leichter schreibt und weil es nicht klug ist, einen Roman in eine grössere
Ordnung einzubeten. Er ist zufrieden, wenn der Leser mit ihm, Roth, leidet,
sich freut, sich ärgert, Mitleid empfindet oder Rachegefühle. Er macht sogar
aus Weibern und Huren ohne jede Selbstreflektion eine Art höherer Begründung
des Seins, wo er doch nur von Dummheit, Kurzsichtigkeit, anerzogene
Oberflächlichkeit und vielleicht noch psychischen Störungen ohne jeden
Tiefgang, zu berichten hätte.
Mich stört das Theater um diesen Philip Roth beträchtlich. Es ist wie
mit dem Deutschen Fräuleinwunder: Allein dass es gelingt, einige Seelen zu
rühren, macht ihn und diese Schwatz-Weiber bereits zu Giganten unter den
Schreibern. Man darf den Kerl ebenso abbuchen unter den Mittelmässigen, wie die
schon früher Erwähnten - ohne eine Sekunde zu zögern. Leider braucht es etwas
Intelligenz, dies Alles zu erkennen.
Thomas Mann
Die vielleicht tiefste Stufe in Literatur hat dieser Thomas Mann
erreicht. Ist ja gut und recht, wenn er einige Miseren in Lungenstationen in
Davos beschreibt, im Stile von Roth. Nicht zu verzeihen ist sein grauenhafter Nationalismus,
gepaart mit gehörigem Rechts-Extremismus. Es versteckt seine Dummheit zwar sehr
gut, plaudert von Demokratie, altem Griechenland und hehren Grundsätzen des
Lebens, und bleibt doch ein Simpel.
Er erinnert sehr stark an Sartre und Camus. Sartre hat die Harfe der
Links-Extremen gespielt, bis er die Blödheit der Linken bemerkte und sich
distanzierte. Thomas Mann und Camus sind den Rechts-Extremen in den Arsch
gekrochen, haben den Staats-Terror negiert und den freien Terror der Individuen
gegeisselt, bevor auch diese Idioten erwachten aufgrund der realen Fakten.
Doch all diesen Hirnlosen hat es niemals interessiert, dass es auch
einen Mitte-Extremismus gibt, den Liberalismus, den Schöndenker-Effekt in
Wirtschaft, Kultur, Politik und Philosophie - ohne die eigentlichen
Erkenntnisse über was möglich ist auf diesem Planeten, auch nur eines Blickes
oder Wortes zu würdigen. Eine Schriftstellerei, die sich abgibt mit
menschlichen Schwächen und Glaube an die Stärke von Nationalismus, gepaart mit
Extremismus, mit dem Mitlaufen hinter den dummen Herren der Grösse, also Führer,
Diktatoren, Präsidenten und anderer Durchschnitt des Geistes, ist schon
verloren.
Heinrich Mann hatte recht: Solche Idioten sollten niemals die Erlaubnis
erhalten, Bücher schreiben zu dürfen. Doch dass ausgerechnet immer wieder die
gleichen und dümmsten Schönschreiber, beheimatet auf Kriegsschiffen der
Blödheit, die Dynamit-Preise abholen dürfen, ist der grösste Skandal dieser
Kultur-Menschheit ohne Kultur. Das Beste an Mann war offenbar sein Hund in
Kilchberg - ihn hätte ich gerne gekannt...
Man darf getrost und sofort so ziemlich 99 Prozent aller Romane und
Sachbücher, die je geschrieben worden sind, in den Kübel des Vergessens
schmeissen, ohne dass die Welt auch nur ein Jota besser oder schlechter würde.
Ich könnte wohl noch viele "Schriftsteller" und Schreiber des
Öden mit zu unrecht höchstem Anerkennungswert kritisieren, und trotzdem keinen
Schritt weiterkommen. Es ist eben so, dass unterdurchschnittliche Denker, also
das Feuilleton und die Kritiker, in der allgemeinen Dummheit der Völker, noch
durchschnittlichere "Denker" abfeiern wollen - unbedingt, weil es so
schön ist. Hollywood statt Verklärung des Abendlandes. Wir waren schon immer
sau-blöde - und keiner hat es bemerkt...
Gegen diese allgemeine Blödheit ist einfach kein Kraut gewachsen. Wo
sich alle und vor allem die Elite gegenseitig in die Ärsche kriechen, ist kein
Platz mehr für höheren Geist. Man darf die "Kunst" in der Literatur
unter diesen Voraussetzungen getrost vergessen für alle Zeiten.
Schlussbetrachtung zu Literatur und Philosophie
Generelle Betrachtungen zu den üblichen anderen Schreibern über das grossartige
Menschentum
Die Selbstverblödung des Menschen hat ihren Ursprung in den Genen des
Homo sapiens, ist eingedrungen in die Hirnstruktur des Menschen, hat die
Geistigkeit dieser Spezies in sonderlicher Weise ad absurdum geführt, sodass am
Schluss eine Casino-Welt des Geldes und des Wahns eines irren Wachstums für
normal gehalten wurde. Ebenso zu nennen: Die Selbstvernichtung mit der
Verpestungsindustrie mit Autos, Flugzeugen, Atomkraftwerken, Dämme in Flüssen, Künstliche
Kraftwerk-Seen, Megapolen und Slums mit einer explodierenden Menschheit, die
sowohl zahlenmässig mit ihrer Bevölkerungsexplosion, wie auch in der
fundamentalen Geistestätigkeit, total ausser Rand und Band geraten ist.
Und die Optimisten in allen Medien schreien sich zu Tode im Behaupten
des Gegenteils, weil ihre Geisteslichter im Intellekt ganz langsam am
Verlöschen sind, vorprogrammiert von einem unglaublich naiven und
oberflächlichen Bildungssystem in allen Schulen und Universitäten der Welt.
Ich bin jetzt etwas müde geworden, an diesem Samstag den 31. März 2007
(später bis 2010 etwas erweitert). Ich habe in meinen Büchern alle bedeutenden Schriftsteller,
Philosophen und Theoretiker seziert und will es hier nicht noch einmal tun.
Sie kamen alle ins Visier: Sämtliche Philosophen (im Buch
"Chaos") und sämtliche Wirtschaftstheoretiker der Vergangenheit, die
von Bedeutung waren (im Buch "Macht x Dummheit = Selbstzerstörung").
Ich habe sie alle seziert bis ins Letzte ihrer Irrtümer und viel tiefer als ich
es hier in diesem Essay je tun könnte. Doch es wurde wieder mal Zeit, dass ich
etwas in meiner Muttersprache Deutsch schreibe, sonst verlerne ich es noch.
Und der Beweis, dass ich die Jetztzeit immer noch geistig in ihre
Einzelteile zerlegen kann, ist damit zu meiner Beruhigung auch wieder einmal
erbracht. Das kann genügen, bevor ich jetzt zum Morgenessen gehe. Diese
Menschheit hat meine geistigen Bemühungen eigentlich nie verdient - und auch
dies wird man erst nach dem Tode dieses Denkers begriffen haben, und lange nach
dem Point of no Return der Menschheit - und dann wird es nicht nur für
Literaturkritiker, sondern für die Spezies Homo sapiens als Ganzes definitiv
vorbei sein.
Dies allerdings gilt nicht für die "Rest-Menschheit", erwähnt
in "Orakel 1995", später im Buch "Linien zum Himmel ziehen"
in "Orakel 2099" umgeschrieben, für die allein ich heute noch
schreiben mag, neben den Editors Letters, die zwar interessant sind, aber
keineswegs die Beachtung finden, die sie später einmal haben werden. Doch dies
war noch nie ein Trost für Menschen, die ausserhalb der Norm standen, und von
ihrer Zeit für jene Dummköpfe gehalten worden sind, die stets die Anderen, die
Blender, die Berühmtheiten eines Nichts, also die Kritiker selbst diese
Dummköpfe waren.
Es gibt kein Beispiel, wo einer der ganz wenigen wirklichen Denker,
Philosophen, Komponisten oder Wissenschafter einer nicht destruktiven Art, zu seiner
Lebzeit gewürdigt worden wäre wie sie es verdient hätten - und so wie er oder
sie von der Nachwelt dann viel später als bedeutend erkannt worden sind. Bei
dieser durchschnittlichen Blödheit der Völker und des Feuilletons, brauchte es
immer ein "Entdecker" mit höherem IQ, bevor ein neues Genie geboren
worden wäre. Wer zu Lebzeiten schon berühmt war, muss im Nachhinein relativiert
werden - er war mit Bestimmtheit einfach nur ein Arschloch.
Bei Denkern wie Blaise Pascal, bei Musikern wie Bach, bei Malern wie van
Gogh, dauerte es Jahrhunderte... und bei anderen sogar noch länger.....
Immer und zu allen Zeiten hatten die Hanswurste des öden Alltags des
Infotainments das Szepter in der Hand - und dann wundert man sich am Schluss
über den Niedergang einer ganzen Spezies, stets beschleunigend über die letzten
2000 Jahre ihrer Existenz - und in den letzten hundert Jahren seit 1950 völlig
in die Senkrechte einer Selbstvernichtung übergehend.
Sie hat ihr Los verdient, dieses verrottende Menschentum, die wie Lemminge
blind den Dümmsten im Geiste nachrannten, zu allen Zeiten der Historie dieses
kuriosen Wesens "Mensch", dem höchsten, doch eigentlich tiefsten
Tieres in der Evolution. Wir sollten doch eher von einer Spezies mit Namen
"Homo non-sapiens" schreiben - und dies wäre dann erstmalig eine
ernsthafte und dauerhaft wichtige Literatur.
René Delavy
2010