Der Tod ist ein Skandal
Wir wissen eigentlich nicht, was der
Tod ist, es übersteigt unser Vorstellungsvermögen.
Es ist eine dermassen endgültige Zäsur
- das Ende eines Lebens, dass es alles überschattet was geschieht: Das eigene
Leben, jenes der Verwandten und Bekannten und die Welt um uns herum.
Man wird sich bewusst (oder auch
nicht) über den Sinn oder Unsinn des Daseins.
Wir sind gewesen, in einer Zeit der Ewigkeit
in einem Raum mit 7 Milliarden an anderen Menschen und dann ist da nichts mehr.
Dies ist ein gewaltiges Geschehen.
Kürzlich starb der Bruder von meiner Freundin. Man sah es kommen und war trotzdem überrascht und sehr traurig
über die Nachricht des Todes.
Doch was jeweils folgt, ist ein
Skandal:
Zuerst einmal die Bestattung, die
Meldungen an die Behörden, die Feiern um den Tod, das Räumen der Wohnungen, die
Erbschaftsstreitereien und das Überschatten alles dessen, worum es beim Tod
wirklich geht.
So war es bei meinen Eltern, bei der
Exfrau und jetzt bei René.
Will ich, dass meine ganzen
Habseligkeiten erhalten bleiben und verteilt werden nach dem Tod?
Nun, welchen Sinn macht es für den
Toten, also mich, was geschieht?
Im besten Fall hat man etwas
Wertvolles hinterlassen, was zu Lebzeiten geschehen ist, doch dies bleibt den
meisten Menschen leider verwehrt und es bleiben nur noch Erinnerungen,
Gegenstände und Geld.
Ich bin im Moment am Lesen eines
Buches über den Neoliberalismus, das bestätigt, dass nach dem Crash dieser
Lebensweise per 2008 an der Wall Street und in allen Nationen der Welt nicht
etwa der Wahnsinn dieser materialistischen Scheisse offenbart wurde, sondern
dass infolge des Umstandes, dass die materialistische Idee in alle
hedonistischen Lebensweisen aller Menschen eingeflosssen ist, dieser Wahnsinn
von Wirtschaftssystem sogar noch verstärkt worden ist und somit die Mont Pelerin Society von Friedman, Hayek, von Mises und Popper auf der ganzen Linie
die Denkweisen und die Politik und das Leben aller Menschen durchdrungen hat
und wir Sklaven geworden sind von einem zutiefst verachtenswerten Denkschema,
wonach der "Fortschritt" und das Wachstum des Geldes und der
"Werte" zum Vorteil aller Menschen immer weitergehen sollte.
Hier ist es wieder, das hedonistische
Denkmodell, nachdem sich die gesamte Menschheit seit etwa 1975 ausrichtet und
was einer der Gründe zu meiner Literatur ist.
Einmal abgesehen von Wirtschaft und
Politik und Kultur:
Beim Tod jedes Menschen, im Gegensatz
etwa zum Tod eines Hundes der nichts hinterlässt ausser Erinnerungen, ist es
unmöglich, die Tragweite dieses Vorganges zu begreifen.
Ja, wir sind bald alle im Tod und haben
im Leben nichts begriffen vom Dasein und was um uns herum geschieht und wie
dieser Planet langsam verödet und kaputtgemacht worden ist von einer
unglaublich dummen Masse, die immer nur dem nächsten "Erfolg" des
nächsten Tages hinterherrennt, bis das Rennen ein Ende hat.
Ich denke, also bin ich? In einer Welt
wo kein Mensch mehr denkt sondern nur noch handelt, ist es schwierig, einen
Sinn im Leben zu erkennen.
Es sollte nicht so sein, dass das
Leben vom Ende her unsinnig gemacht wird, doch wir sind so programmiert, dass
wir funktionieren müssen über den Tod hinaus.
Wahrscheinlich ist es gut, wenn die
meisten Menschen nicht darüber nachdenken, was geschehen ist, so lässt sich das
Leben viel besser ertragen und weiterführen.
Denn wenn wir wüssten, was Leben und
Tod ist, wären wir verloren und es wäre schwierig, diese Welt, wie wir sie heute
haben, noch zu akzeptieren.
Also, versuchen wir das Beste aus der
Situation zu machen, aber dies geht nur, wenn wir überhaupt nichts mehr
denken....
René Delavy - Berlin and Bournemouth
written on December 4, 2015