Friedrich, August von Hayek
(8.5.1899 bis 24.3.1992)
Vielleicht war von Hayek der erdengebundenste Wirtschaftstheoretiker von allen. Doch zu welchem Preis! Als einer der frühesten und schärfstdenkenden Idealisierer des Neoliberalismus hat er die Schranken geöffnet für eine beschränkende Sicht auf ein Laisser-faire der ganz besonderen Art. Diese Denkweise feiert heute Triumphe und die Irrtümer aus diesem Denken haben Blasen an den Börsen der Welt hervorgerufen, aber auch in den Köpfen der massgeblichen Politiker und Wirtschaftsführer der Jetztwelt, die auch noch platzen und eine vernichtende Schneise von Irrdenken und Grössenwahn offenbaren werden. Doch kein Mensch ist heute bereit, die Lehren zu ziehen, die schon ein von Hayek besser selbst vorweg genommen hätte.
Wenn man sich Sorgen macht um die Erhaltung von guten Rahmenbedingungen für den freien Wettbewerb, die Steuerung der ökonomischen Prozesse perfektionieren will, dann muss man etwas früher aufstehen und etwas tiefer denken. Diese ganze Zweckgebundenheit eines von Hayek erinnert mich schwer an die Machbarkeit von Seelenzuständen über die Psychiatrielehre eines Sigmund Freud. Dieser andere Österreicher war auch der Meinung, dass der Mensch reine Manövriermasse für seine phantastischen Vorstellungen von Mensch wäre, dass die Natur des Menschen und seiner Umgebung zu optimieren sei mittels einfachster Rezepte. Und so dachte dieser Wiener genau das Gleiche bezüglich der Machbarkeit von Wohlstand und Menschenwürdigkeit, doch hier mit aller illusionären Macht der freien Marktwirtschaft.
Wir kennen das Resultat. Ob man die Theorien von der freien Marktwirtschaft, der Zentralverwaltungswirtschaft, der sozialen Marktwirtschaft oder der zentralen Planwirtschaft anwendet: Überall landen wir im Dickicht der Unmöglichkeiten. Weder Individuen noch der Staat respektive dessen Vertreter haben den Durchblick, kein Generalplan, kein Verwaltungssystem umgeht die wesentlichen Irrtümer der Wirtschaftstheoretiker, die unter Beachtung der nachfolgenden Fakten zu vermeiden wären:
- Geld hat keinen Eigenwert, sondern ist nur Schmiermittel für irgendwelche Zwecke
- Aktien verkörpern niemals den Wert eines Unternehmens, sondern sie sind lediglich ein irrer Ausfluss der Gesetze von Angebot und Nachfrage
- Obligationen sind keine sicheren Wertpapiere, Treasury Bonds von Staaten sind kein Schatz, denn diese Staaten werden infolge Verschuldung noch in Konkurs gehen
- Wachstum ist zwar machbar, aber der Preis dafür wird nie zu bezahlen sein
- Fortschritt ist wünschenswert, doch wo er blind ist, führt er nicht ins Glück, sondern ins Elend, da der Schaden immer grösser als der Nutzen sein wird
- Freiheit des wirtschaftlichen Handels ist ein Wahn, führt zu Zwangssituationen
- Staatlich verfügtes Planen wird beschränkt durch die vorhandenen Denkgrenzen
- Es ist ein Wahn, wirtschaftlich gegen die Grundgesetze der Evolution zu handeln
- Der Verbrauch von unersetzbaren Ressourcen und Energiestoffen ist ein Verbrechen an der Zukunft aller nachfolgenden Generationen
- Sozialismus ohne Ethik des Machbaren vernichtet nur Kapital
- Kapitalismus ohne Ethik und Moral endet in einem Casino des Wahnsinns
- Notenbanken bestimmen gar nichts ausser unser illusionäres Gelddenken
- Es gibt keinen Theoretiker, der das universelle Chaos durchschauen könnte
- Kein Genie existiert, das die Spätfolgen seines Denkens abschätzen kann und will
- Kein Politiker wird sich je für seine Irrtümer verantwortlich fühlen
- Kein Konzern wird sich je um das Wohl der Menschheit als Ganzes kümmern
- Kein Nobelpreisträger hat je seinen Preis verdient im Lichte obiger Maximen
- Kein Schriftsteller hat sich je wirklich Sorgen um die Spezies Mensch gemacht
- Kein Leben existiert ohne Tod, doch die Art des Todes wird vom Leben bestimmt
- Keine Theorie ist von Wert, die das Ganze nicht "sieht", sondern blind und taub ist
Ich könnte diese Liste über Hunderte von Seiten fortführen, doch um zu beweisen, dass "allwissende" Geister wie von Hayek eigentlich nie richtig gedacht haben, genügen diese wenigen Zeilen vollauf. Wir befinden uns in einem Gefängnis des ewigen Irrens, wie schon Friedrich Dürrenmatt richtig erkannt hat, nur war er zu sehr lokal fixiert, um diesen Grundsatz auf die ganze Welt anzuwenden und dann zu Ende zu denken. Trotzdem taugen seine "Stoffe" zehnmal mehr als alles Geschreibe von Wirtschaftstheoretikern. Wenn ich diese Geister ernst nehmen sollte, hätten sie von Beginn weg universell denken müssen. Sie hätten immer auch die Interessen von Landschaften, Meeren, Tieren, späteren Generationen im Auge haben müssen, statt sich aufzugeilen an Machbarkeiten des Wachstums und Wohlstands für eine sehr beschränkte Menschenmasse und eine sehr kurze Zeitspanne.
Heute profitieren vielleicht zehn Prozent der Menschen von den vergangenheitlichen Denkmodellen und diese zehn Prozent sind gedankenlos und egoistisch, scheren sich einen Dreck um das Elend jener, die dem System unterlegen sind. Sie wissen nichts anderes anzufangen mit dem Geld, als es in ihr Geprotze mit Autos, Jachten und Villen voller Sicherheitsleute zu reinvestieren, um dem ganzen Rest der Welt zu zeigen, wie blöde alle waren und immer noch sind, nicht zahlenmässigen fiktiven Reichtum angehäuft zu haben, zum Schaden von all jenen, die für die wenigen Reichen malochen und doch nur zur immer grösser werdenden Kategorie der "working poor" oder gar der zukünftigen Arbeitslosen generieren.
Weit haben wir es gebracht. Geistig sind wir am Arsch und geldmässig wurde ein Paradies für wenige Privilegierte geschaffen. Sie sollen noch im Grab rotieren, alle diese Wirtschaftsfürsten, die Machiavelli-Prinzen des Irrdenkens. Die Welt geht ihren Lauf, so wie ich ihn beschrieben habe in diesem Buch, und zwar mit oder ohne irre Theorien des Nichtmachbaren. Vielleicht wird dieser Menschheit doch noch einmal eine letzte Chance präsentiert. Optimisten vor! Besser wären neue Denker.