Dialog mit Jean-Jacques Rousseau

Aus dem Buch:

Reise in die Phantastik der Vergangenheit

Untertitel:  Weltgrössen und ihre Träume und Illusionen



Jean-Jacques Rousseau


XXVI

John Demaster ist schon eine Stunde gewandert. Vor ihm liegt eine weit in den See hinausragende Halbinsel und er geht immer weiter deren Ende entgegen. Auf einer Seite sieht er in der Ferne einen Abhang voller Weinreben, auf der andern Seite verliert sich der See in einer Urlandschaft aus Schilf. Alles gedeiht zu einem Naturpark, wie er wohl schon vor Jahrhunderten existiert hat und seither sich selbst überlassen worden ist. John bleibt immer wieder stehen, horcht in die seltsame Stille hinein, seltsam, weil in diesen modernen Zeiten sonst immer irgend eine Lärmquelle wahrnehmbar ist und so sieht er auch in der Ferne die vielen Autos eine Seestrasse entlang rasen, neben der Strasse schlängelt sich ein moderner Schnellzug durch eine vermeintliche Ruhe der Distanz in Richtung Neuchâtel, vor einer Viertelstunde in Biel losgefahren, ist er nun schon hier, in den Höhen über John ziehen Flugzeuge ihre Kondensstreifen hinter sich her. Doch von alle dem bleibt John unberührt, nur die Augen sehen die moderne Technik, die Ohren sind zu weit weg vom Gewaltslärm einer sich masslos gebärdenden Zivilisation.
            Langsam nähert er sich nun einem Landgut, das im Moment nicht bewohnt scheint,  es gleicht einem Stillleben, John gibt sich immer noch der Vorstellung hin, mitten im Mittelalter zu sein. Er kommt zu einem Haus und öffnet eine angelehnte Türe. In einem Saal im ersten Stock ist alles so eingerichtet, wie wenn während Jahrhunderten kein Mensch mehr einen Stuhl im Raum bewegt hätte. John setzt sich an einen vornehmen Holztisch und bestaunt die Gemälde an der Wand, die schweren Eichenmöbel, die ganze Musealisierung der Menschheit in einem Zeitalter, das an Beschleunigung und Modernität nicht mehr übertroffen werden kann, es sei denn, das komplette Register von Sciencefiction-Welten aus den Computern würde über die Welt kommen. Jetzt löst sich aus einer düsteren Ecke eine Menschengestalt, kommt zögerlich näher und setzt sich zu John an den Tisch.


Jean-Jacques Rousseau  (1712 - 1778)

Du warst der einzige Philosoph vor mir, Rousseau, der erkannte, dass die Menschheit zurück zur Natur muss, um überleben zu können. Wie kam es dazu? Im Vergleich zu heute war ja jene Zeit schon die reinste Natur. Wohin zurück wolltest du eigentlich?
            Ganz einfach: Ich sah die Harmonie des Menschen nur gewahrt, wenn er seine Lebensgrundlage in der freien Natur entfalten würde. Mir schwebte ein Leben in einer idealisierten Natürlichkeit des Menschen vor. Alles andere empfand ich damals als Tand, als Kunstleben, lange vor der Zeit des Diktates des totalen Konsumismus, dieser Vergewaltigung des Seins durch die Güter, durch das Geld.
            Diese philosophische Ausgangslage scheint mir etwas mager zu sein. Also: Ohne höhere Erkenntnisebene hast du es gewagt - anders als alle anderen Philosophen - zu sagen: Verlasst den Weg der Aufklärung, des Fortschritts, der immer weiter gehenden und sich offensichtlich ziellos entwickelnden Wissenschaften und kehrt zurück auf den Weg des Ursprungs. Kehrt auf die Bäume zurück, ihr Affen, seid und lebt wieder natürlich! Ganz einfach, weil es so schön ist?
            Ganz so einfältig war ich nicht. Ich hatte mehr so ein Gefühl, dass die Entfernung vom natürlichen Leben, in Einklang mit der Erde, in einem Desaster enden könnte. Man muss es sich vorstellen können: Ich propagierte diese Lebensweise zu einer Zeit, als es beinahe noch keine Maschinen, keine höher entwickelte Technik gab, die Menschheit zahlenmässig noch sehr klein war, die naturnahe Entwicklung in der täglichen Lebensgestaltung im Gegensatz und Vergleich zum Jahr 2000 eigentlich noch machbar. Doch schon damals ahnte jeder, der seine sechs Sinne noch besass, dass hier bald einmal ein Expresszug losdonnern könnte, der die Grundfesten des Denkens und des Lebens zu erschüttern droht. Ich war einfach überzeugt, dass ein Leben in Einklang mit der Natur der Erde diese Gefahr vermeiden, mindestens jedoch nicht beschleunigen würde.
            Dieser Denkansatz, dann noch zu deiner Zeit, ist auf alle Fälle phänomenal. Also noch bevor Milliarden von Autos die Städte erstickten und Tausende von Flugzeugen den Himmel zerkratzten, hast du geahnt, dass die Sache niemals gut gehen würde. Da habe ich es einfacher. Wenn ich predige, dass man diese Technologiegesellschaft verlassen muss, bevor alle Endkatastrophen der Wirtschaft, der Ökologie, der Kultur und der Militärs auf uns niederprasseln, so ist dies für ein universell veranlagtes Hirn pure Selbsterkenntnis für die Masse des Geschehens, für die zahlenmässigen Auswirkungen des Seienden auf die jetzt bestehenden Realitäten. Wobei meine Realität von ganz anderer Qualität ist, viel umfassender, viel universeller, viel intellektueller als jene von beinahe allen Denkern und Philosophen der Jetztzeit. Erst wenn uns alles, die ganze künstliche Welt des "Fortschritts" und der planmässigen Vernichtung der gesamten Lebensgrundlagen auf der Plattform Erde um die Ohren fliegt, wird mein "Zurück zur Natur" verstanden sein. Vorher nicht. Doch ich begreife, warum die Menschen zu deiner Zeit, Rousseau, konsterniert waren. Der Aufbruch zur Aufklärung und nachfolgenden Moderne hatte damals noch nicht einmal so richtig begonnen. Die Erfindungen der nachfolgenden Zeiten waren noch nicht in den Köpfen verankert. Zudem gab es damals vielleicht einige Hundert Millionen Menschen weltweit und keine Massen von sieben bis bald zehn Milliarden, die es mit Nahrungsmitteln, Wasser, Arbeit  und allen Ansprüchen des Lebens zufrieden zu stellen gilt in einer Welt, wo die Ressourcen bald an ihr Ende gelangen, die Lebensqualität, das heisst Natur, Tiere, Luft und Wasser im Eimer sind und trotzdem keiner, absolut kein Denker der Welt, eine Ahnung hat, wie es mit dieser Massenmenschheit weiter gehen könnte.
            Lieber John, ich habe nie so weit gedacht. Ich musste es nicht, noch nicht einmal vergleichsweise, in Anbetracht der echten Erfordernisse meiner Zeit. Ich muss schon sagen, dass ich dieser kommenden Entwicklung gegenüber eigentlich blind und taub war, so wie alle anderen auch. Nur sagte mir ein leises Gefühl, dass man niemals die Gesetze des Planeten so verletzen sollte, dass er uns abstossen würde. Zudem fand ich es auch für die Psyche des Einzelmenschen und der Massen besser, wenn man in Harmonie mit dem Ganzen leben würde und sich nicht in eine Kunstwelt des Seienden abdriften lässt. Doch meine Gedanken wurden sogar auf diesem tiefen Niveau nicht ganz kapiert.
            Nun zu etwas ganz anderem, lieber Jean-Jacques. Es geht mir um die Rolle der Täter und der Opfer in der Welt. Diese Problemstellung interessiert die Weltöffentlichkeit viel zu wenig. Von dieser Frage hängt auch die Zukunft der Spezies ab, denn wer die Täter und die Opfer von Systemen nicht orten kann, hat keine Orientierung mehr im Leben. Gerade heute wieder wird, auch unter dem Eindruck von Terror und Antiterror in der Welt, breit diskutiert, ob der Staat Todesstrafen auszusprechen habe oder nicht. Meist wird argumentiert, dass Todesstrafen inhuman seien, dass der Staat sich damit auf die Stufe der Terroristen begebe und dadurch selbst zum Täter werde. Du hast damals gesagt, dass die Verbrecher den Staatsverbund aufgrund ihrer Taten selbst verlassen würden und deshalb könne der Täter als äusserer Feind der Gesellschaft liquidiert werden. Ein fürwahr kühner Gedanke. Doch die meisten anderen Denker und Philosophen sprachen von einem Schutz der Täter, welch schreckliche Taten sie an wie vielen Opfern auch immer begangen hätten, weil ein Staat als solcher, aber auch seine Vertreter niemals das Recht hätten, so wie Gott das Absolute zu tun und ebenfalls zu töten. Deshalb herrscht noch heute überall in der modernen Welt die Maxime, dass die Todesstrafe abgeschafft gehört, weil sie archaisch und unwürdig sei. Sag mir einmal, wie du die Sache siehst.
            Ich habe immer begriffen, John, warum sich ein Staat mit Vorsicht dem Umstand nähern muss, dass er sich für den Tod einzelner Bürger ausspricht, denn diese Macht kann leicht und unter vielen widrigen Umständen zu Machtmissbrauch führen und es wäre ein Leichtes für dumme Menschen, ganze Minderheiten als Täter oder niedrige Wesen zu bezeichnen, die es auszurotten gilt. Unter diesen Vorgaben bin auch ich der Meinung, dass der Staat nicht einfach töten lassen darf. Doch wo ein Mensch ein grauenhaftes Verbrechen begangen hat, wo eine Gemeinschaft oder gar ein Staat Tausende oder Millionen von Menschen aus niedrigen Beweggründen foltern oder ermorden liess, da muss der Staat oder im Falle von Staatsverbrechen die Staatengemeinschaft die Möglichkeit haben, mit gleicher Konsequenz zurückschlagen zu dürfen, sonst wird die ganze Zivilgesellschaft zynisch und pflegt Ungerechtigkeiten und Terror für alle Zeiten fort. Und jede Staatsmacht, die Verbrechen an Einzelnen, an Minderheiten oder gegenüber anderen Staaten begeht, macht sich zudem selbst zum Täter vor der Historie, denn im Rückblick verziehen sich die Nebel falschen Denkens und die ganze Grauenhaftigkeit des Geschehens tritt offen zu Tage. Wenn ein Milosevic oder ein Pinochet und noch Tausende von anderen vergleichbaren Tätern, zum Beispiel Nazi-Deutsche nach dem Zweiten Weltkrieg oder die USA nach dem Vietnamkrieg, die Strafe für ihr Handeln einfach nicht bekommen, wenn Monster, welche die Feinde ihres Denkens oder gar ganze Völker mit den dümmsten Begründungen, die es gibt, exterminieren liessen, nie vor ein Gericht kommen oder sogar wie Ehrenmänner behandelt werden, denen man ihre während Jahren vor den Augen der Weltöffentlichkeit begangenen Verbrechen "beweisen" muss, dann hört jede Vernunft, jede Menschlichkeit den Opfern gegenüber auf. Auf diese Weise hat sich in der Vergangenheit schon immer das Verhältnis der Macht von Opfern und Tätern auf den Kopf gestellt. Und genau diese Situation sehe ich jetzt um das Jahr 2000 in dieser verrückt gewordenen Welt, wo ein System falscher Rücksichtnahmen die schlimmsten Mörder schützt. Es herrscht ein heuchlerisches Gutmenschentum der übelsten Sorte.
            Hier bin ich, Rousseau, genau gleicher Meinung. Man wird Zeuge des Aufhetzens der Hutu gegen die Tutsis, der Deutschen gegen die Juden, der Amerikaner gegen die Vietnamesen, der Serben gegen die Kroaten und Kosovo-Albaner, der Polizei und der Armee gegen die eigene Jugend in Chile, Argentinien und vielen anderen Ländern - und am Schluss stehen alle da, die Opfer sind auf grauenhafte Weise ermordet, zu Tode gefoltert worden, mit Hacken in Stücke zerschlagen, von Kinderarmeen verbrannt und verstümmelt, in dieser modern sein wollenden Welt, und alle schauen zu, applaudieren zwar nicht direkt den Tätern, doch am Ende sind sie alle aus der Verantwortung entlassen, die Nazideutschen, die verrückten Hegemonialamerikaner, die Stalinrussen, die Hutu, der liebe Pinochet, der immer noch frei herumläuft, die Generäle in Argentinien, die ein Luxusleben führen können statt selbst in der Marineschule zu Tode gefoltert worden zu sein. Überall Lug und Trug im Sinne einer falsch verstandenen Menschlichkeit. Die Opfer werden verhöhnt und die Täter als Helden in den Geschichtsbüchern abgefeiert, so wie die Herren Napoleon, Dschingis Kahn, Hitler, Kennedy und alle anderen Shakespearschen Figuren, die als Helden und nicht als Mörder und Arschlöcher in die Historie eingehen dürfen. Und wer ist schuld? Es sind jene Denker, Philosophen, Kirchenfürsten, die als Pragmatiker schon immer auf stoische Art eine Gesellschaftslehre propagierten, wo die Starken über die Schwachen siegen sollen, die Reichen über die Armen, die reichen Staaten über die armen Staaten. Es ist die Lehre, dass es schon gute Gründe gibt, wenn Einzelne unermessliche Macht ausüben über den grossen Rest von Recht- und Besitzlosen. Und dieser Tatbestand segelt dann unter dem Begriff von menschlicher Demokratie. Ein Wahnsinn, der noch einen hohen Preis fordern wird, nicht nur in ethischer, sondern auch in realpolitischer Hinsicht. Wir sehen hier genau den gleichen Wahnsinn wie bezüglich der bedenkenlosen Vermodernisierung der Gesellschaften, bis hin zum endgültigen Kollaps aller Systeme. Auch diese Realität wird verdrängt und kein Mensch will den wahren Stellenwert, das reale Ausmass im Niedergang unserer immer mehr erodierenden Condition humaine erkennen.
            Aber ich muss einen Einwand vorbringen, John. Wo sollen denn die Grenzen sein? Soll jeder Mensch, der einen anderen Menschen umgebracht hat, selbst umgebracht werden können? Wäre dies nicht der Anfang, die Grundlage zu einem Holocaust noch viel höherer Ordnung?
            Du hast Recht, lieber Rousseau, hier muss man vorsichtig sein. Meine Devise, dass jeder  Mensch, der einen anderen Menschen tötet, seine Daseinsberechtigung auf der Welt verloren hat, könnte folgenschwere Auswirkungen mit sich bringen. Doch auch das Gegenteil ist wahr: Die jetzige Täter-Opfer-Mentalität kann einfach nicht ohne unvorstellbare Nachwirkungen auf zukünftige Generationen aufrechterhalten werden. Daher muss man die Sache erklären, denn die Folie ist dünn: Wenn dümmere Geister als ich solche Maximen aufstellen, dann ist es klar: Alles muss in einem Holocaust enden. Dies sehen wir schon heute täglich bei bewusstem Verarbeiten der Vorgänge in der Welt. Bei der Frage, was Gerechtigkeit ist, die zur Eindämmung von Verbrechen führt, müssen wir sehr vorsichtig sein: Töten kann man zum Beispiel auch aus Notwehr oder um einen Tyrannen wie Hitler oder Pinochet zu erledigen, um ein grösseres Unheil abzuwenden, aus berechtigter Rache für Taten, die folgenschwer sind, auch wenn sie nicht unbedingt mit der direkten Tötung von Menschen endeten. Viele ohnmächtige Menschen werden andauernd beinahe getötet, von anderen Menschen, von Systemen, von Herrschern und von Machtapparaten. Sollen Menschen sich dieser Niedertracht brav fügen? Hier müssen Korrekturen möglich sein, sogar das Töten soll möglich sein. Man hätte Milosevic oder Saddam Hussein schon ganz früh ermorden sollen, lange bevor diese Tausende oder Millionen Menschen abschlachten konnten. Man hätte auf internationaler Basis, zum Beispiel mittels eines Gremiums von" Weisen", so entscheiden sollen. Doch diese Welt existiert nicht, noch nicht. Und deshalb ist es auch in Ordnung, wenn es Gerichte gibt, Staatsanwälte und Verteidiger. Aber sie sind nicht da, um Schlächter und sinnlos Mordende freizusprechen oder sinnbildlich zu verurteilen, was angesichts der Verbrechen gar nicht möglich ist, sondern um die ganzen Verhältnisse der Tat, ihrer Umgebung und Mitbeteiligten zu durchdringen. Man kann sogar argumentieren, dass im Fall von Pinochet, von mordenden Generälen und Staatschefs aller Art ein Gericht absolut überflüssig ist: Die Taten konnten am Fernseher, im Radio und in allen Zeitungen verfolgt werden. Zweifelt tatsächlich ein Mensch daran, dass Hitler verantwortlich war für die Judenvergasung, dass Stalin eigene Bürger in Massen in den Tod schickte, dass Kennedy mittels Napalmbomben für die Abfackelung von Zivilpersonen, die dummerweise in einem antikapitalistischen Land lebten, mitverantwortlich war? Es gehört sich nicht, dass die Menschheit so tut, als wäre sie blind und blöd, wo doch alle Tatsachen vor aller Augen liegen. Auch hier gilt: Zurück zur Natur, lernt von den Tieren, die noch echte Instinkte besitzen. Sie töten anscheinend nutz- und zwecklos, doch so bodenlos dumm und gnadenlos hirnverbrannt wie die Menschen ist kein einziges Tier. Es ist der Mensch, der die mit Atomköpfen bestückten Interkontinentalraketen entwickelt hat.
            Ich hatte also immer schon Recht, lieber John: Zurück zur Natur, die Gesetze des Planeten, das Ende der Machbarkeit erkennen, Gerechtigkeit mit Vernunft und Logik durchsetzen, Strafen den Taten anmessen und nicht falsches Gutmenschentum abfeiern zur Bereicherung der Gefühle von Menschen, die die schlimmsten Täter für die abscheulichsten Taten der Menschheit entschuldigen wollen und dabei alle Opfer verhöhnen, indem sie die schwächsten Glieder der Menschheit in Vergessenheit geraten lassen. Ich rede von allen Untaten, die schon immer in dieser Menschenwelt begangen worden sind: die gigantischen Verbrechen von Staaten, Holocauste von Diktatoren am eigenen Volk, Vernichtungsförderung durch Wirtschaft und Politik, die das Überleben der Menschheit in Frage stellen lassen, Entscheidungen zulasten des Globus, die langsam die Ökosphäre der Erde vernichten werden. Ich rede von jenen, die reich geworden sind durch den Verkauf des Erdöls, das eigentlich den Generationen der Zukunft gehört hätte, die Banker und Zyniker des Kapitals, die mit Börsengeschäften einen Teil der Menschheit in die Misere abdriften lassen, Redaktoren, die jede Schandtat willkommen heissen, wenn sie denn dem Boulevarddenken und den Verlagskassen dient und erst noch die Macht eines geliebten Hegemonialstaates stärken hilft. Die ganze Welt ist ein Hexenkessel voll dummer Heuchler, die blind und taub alles akzeptieren, was ihnen nützt und die sich dabei sackstark vorkommen. Ich wusste es, schon damals vor Jahrhunderten, doch ich kannte die Konsequenz meines Denkens noch nicht. Wer heute den Wahn hat, einer wohlfeilen Anpassung an die Machbarkeitstheorien des 21. Jahrhunderts Widerstand zu leisten, in Wort und Schrift, gilt unter diesen Umständen der geistigen Verarmung in einer postmodernen Welt als Verbrecher, als Täter, obschon er die Opfer der Zukunft, die eigenen Nachkommen der Täter, schützen möchte. Nun habe ich lange genug geredet.  Ich bin müde geworden und will wieder in den ewigen Schlaf des Todes absinken. Zurück zur Natur, sozusagen. Leb wohl, John.


John bleibt zurück in diesem wunderschönen Saal, der ihm nun plötzlich sehr leer vorkommt. Die schönste Umgebung verliert ihren Reiz, wenn die Wirklichkeit der Natur plötzlich so nah in unser Bewusstsein kommt wie bei diesem Dialog mit Rousseau. Das Prinzip "Macht x Dummheit = Selbstzerstörung" ist auf unerklärliche Weise derart real, dass alles Schöne dieser noch einigermassen funktionierenden Menschenwelt bald einmal mit ganz anderen Augen gesehen werden muss. Eine neue Philosophie des Denkens muss gefunden werden, sonst macht alles kaum mehr einen Sinn. Dies sind Johns Gedanken auf seinem langen Weg zurück, als er langsam wieder die Halbinsel im Bielersee abschreitet und sich während des Wanderns aufzulösen beginnt, aus diesem Schweizer Paradies entschwindet, um sich im Nichts zu verlieren.


INHALT

I           Begegnung mit Albert Einstein und seinem relativen Denken

II          Karl Marx erklärt seine Theorie und die Folgen davon

III          Vincent van Gogh bleibt untröstlich als verkanntes Genie

IV         Wolfgang Amadeus Mozart und die Ewigkeit des Menschen

V          Warum veränderte das Denken von Shakespeare nicht die Welt?

VI         Napoleon und die Frage nach der absoluten Macht

VII        Wie vernünftig war und ist die Vernunft von Kant? Eine Kritik.

VIII       Friedrich Dürrenmatt und die Phantastik des Zeitgeistes

IX         Warum wolltest du die Welt vernichten, Adolf?

X          Pasolini und seine Leidenschaft für das Reale

XI         Lieber Buddha, soll die Menschheit eine Zukunft haben?

XII         Die Wildnis im Leben und Kopf von Jack London

XIII        Kafka und die Düsternis des Seins

XIV       Gesetze der Macht sind Gesetze des Verbrechens: John F. Kennedy

XV        Bill Gates und die elektronische Welt des Scheinwissens

XVI       Ein Tag mit William Turner auf seiner Reise durchs mittelalterliche Europa

XVII      Marilyn Monroe: Wer war eigentlich dieses Sexsymbol wirklich?

XVIII      Wer die Welt zu früh entdeckt, ist ein Verbrecher: Giordano Bruno

XIX        Sexphantasien können auch eine Philosophie sein, nicht wahr, Sigmund Freud?

XX        Ein Schicksal nicht wie jedes andere: Grace Kelly

XXI        Dialog mit LEON über die Welt der Tiere

XXII       Akira Kurosawa: Wo das Kino sogar die Wirklichkeit übertrumpft

XXIII      Eine Begegnung mit einem sehr bekannten Religionsbegründer

XXIV     Was ist wahre Liebe? Etwa die Liebe als Ware? Casanova

XXV      Wozu soll Zarathustra reden, wo es genügt, wenn Nietzsche spricht?

XXVI     Zurück zur Natur? Doch wo bleiben die Täter? Jean-Jacques Rousseau

XXVII     Das Geheimnis um China und Maos grosse Irrtümer

XXVIII    Kleopatra und ihre Scheinwelt der Realität

XXIX      Ein Gespräch mit René Delavy. Was ist universelles Wissen?

XXX       Gibt es ein Geheimnis um Michelangelo und die Welt?

            Epilog