'Macht x Dummheit = Selbstzerstörung'

16. Kapitel:  "Macht x Dummheit = Selbstzerstörung"


"Macht x Dummheit = Selbstzerstörung", diese andere Maxime von Delavy, ist den Völkern zu übersetzen, indem nach dieser Regel alles, was in den letzten 2000 Jahren zum Schaden aller zukünftigen Generationen passiert ist, dem normalen Bürgervolk nahe gebracht wird.


Ich weiss nicht mehr, wann ich diese Formel das erste Mal verwendet habe. Ich glaube, es war im Jahr 1975, als ich das "Orakel 1995" entwarf und drucken liess, dann auf dem Bundesplatz zu Bern verteilen wollte und daselbst verhaftet wurde. Ja, in diesem Pamphlet muss wohl diese Formel gestanden haben. Dann habe ich sie später auch in der NZZ, der Weltwoche und dem Tages-Anzeiger, alles wichtige Zeitungen in der Schweiz, in Inseraten publizieren lassen, mit dem Effekt, den wir heute kennen, dem Nulleffekt.

Dieses Buch ist kein Egotrip, sondern geboren aus der Sorge, dass wir die Kurve nie mehr kriegen, heraus aus einem Einfaltsdenken der Machbarkeit, hinein in eine Welt, wo der reale Wert unserer Lebensgrundlage, der Erde, endlich erkannt wird. Die meisten Menschen glauben im Realen zu leben, dabei haben sie sich eine abstrakte Wirklichkeit geschaffen und denken, von der Geburt bis zum Tod in einer Hollywoodwelt zu leben. Dies festzustellen ist  keine Heldentat, sondern ein ganz normaler Vorgang. Jeder könnte diesen Gedanken haben, jeder könnte wissen, dass wir uns alle auf dem Holzweg befinden, der immer steiler abwärts geht ins Nichts und vor einem Abgrund der Selbstvernichtung enden wird. Dazu braucht es keine übernatürlichen Geistesfähigkeiten. Normales Denken würde genügen, wenn wir uns nicht von der Geburt an verdummen liessen von Interessenvertretern der geldmässigen Unmässigkeiten, bis dass der Tod uns scheidet von dieser Illusion des gelebten Seins. Das Gefährliche an der Jetztzeit ist, dass diese Illusionen bald einmal definitiv zertrümmert werden, noch vor dem individuellen Tod der meisten der heute lebenden Menschen.

In Bezug auf die obige Definition ist der Begriff der Dummheit wesentlich einfacher zu erklären als jener der Macht. Wir putzen die Kleinheit unserer Wohnungen und schütten derweil die Erde mit Abfall zu. Wir pflegen unsere Beschränktheit des Denkens und geben das  Universaldenken der alten Griechen frei zur Verarbeitung durch idiotische neue Philosophen der Moderne, diese Verteidiger des Wachstums- und Demokratiedenkens der einfachsten Erklärungen. Und so verstehen wir unter Macht die totale Verfügbarkeit von möglichst vielen Mitteln zur Unterjochung möglichst vieler Menschen innerhalb der von uns selbst diktierten vereinfachenden Vorstellung von Wirklichkeit.

Dies wurde schön durch die Amerikaner in Vietnam, Irak und in der Dritten Welt demonstriert. Seit Cäsar, Napoleon und Hitler nie etwas hinzugelernt. Alles wird möglich, seit die Wirtschafts- und Machttheoretiker ihre Fangnetze zur geistigen Vernichtung von Völkern in Maximen gegossen haben und wir uns widerstandslos deren Wirklichkeit und Reflexionen diktieren liessen. Diese Aussage gilt auch bezüglich der mächtigen Juden, die sonst immer die Opfer von Denkfehlern waren, doch nun in Israel zeigen, gedeckt durch den atomaren Vorhang aus eigener Kraft und jenen, den die USA zur Verfügung stellen, vor allem den Arabern gegenüber, was pure Macht ist, nicht geistige Macht, sondern militärische Übermacht gegenüber ohnmächtigen Gegnern, die vorerst mit Selbstmordattentaten, dann mit Terror und schliesslich mit eigenen Atomwaffen zurückschlagen werden. Sehr überzeugend werden solche Machtspielchen getrieben, heute vor allem von einem fundamentalistischen George W. Bush, er  hat Sharon sofort verstanden. Und die Europäer sehen geniert weg bei der Vorbereitung eines weltweiten Holocausts, genau so wie alle Medien, die den irren Vorgang, wie zahlreiche ähnliche Vorgänge des Verderbens in der Welt, einfach akzeptieren und kommentieren und offenbar ihre eigene Dummheit und Machtlosigkeit dabei übersehen wollen.

Doch wenn ich von Dummheit und Macht schreibe, dann tue ich es nicht im Sinne dieser Alltäglichkeiten. Ich bin nicht interessiert an politischen Machtspielchen des Kurzlebigen, der gelebten Kurzsichtigkeiten, die sich eines nicht zu fernen Tages selbst relativieren und zerstören werden. Ich schreibe von der absoluten Macht falschen Denkens in allen Bereichen des Lebensmodells, in welchem wir alle stecken, und ich rede von der Dummheit, die macht, dass wir alle nicht erkennen können, dass die wahre Realität in der Welt nicht jene ist, die alle meinen, wahrnehmen zu müssen, als "wahr" akzeptieren zu müssen. Die Revolution hat nichts mit den USA und Israel zu tun, auch wenn es lustig ist, diese Kleinheiten im Geiste an den Pranger zu stellen und mit ihnen literarisch zu spielen wie mit Bauklötzen. Tote soll man nicht totschlagen wollen und Amerikanern soll man nicht sagen, dass sie dumm sind, dies ist so selbstverständlich, dass sich jedes Kleinkind geniert abwendet bei diesem Vorwurf. Ich will Wesentlicheres benennen, ich will meine Schrift nicht verschwenden an öde Machtspielchen von eingebildeten Nicht-Präsidenten, die von willfährigen Gerichten an die Macht gebracht wurden und deren Taten sämtliche Zeitungsspalten der Welt nutzlos füllen. Sollte ich je auf dieses geistige Niveau von Chefredaktoren und ihrer Untergebenen fallen, kann man mich getrost totschlagen, dann hat mein Weiterleben und Weiterdenken keinen Sinn mehr.

Wie vermeidet man schädliche Macht? Wie vermeidet man allmächtige Dummheit? Wie halten wir die Selbstzerstörung der Menschheit mit immer grösser werdender Macht und Dummheit endlich auf? Freiwillige vor! Was, kein Mensch zu sehen? Nirgends ein freiwilliges Opfer in Sicht? Männer, wenn es ans Foltern und Kriegen geht, seid ihr auch immer an vorderster Front. Weiber, wenn es ans Vögeln und Kinderkriegen geht, dann seid ihr auch nicht abgeneigt. Also wo sind die Freiwilligen, die die Macht und die Dummheit in dieser Welt eindämmen wollen? Also, ich selbst trete nicht vor, denn mir wurde ein Leben lang glaubhaft verkündet, dass ich der Dümmste der Menschheit sei und dass ich tatsächlich machtlos bin, wurde mir sechzig Jahre lang Tag für Tag bewiesen. Immer waren die anderen schneller und gescheiter. Also muss ich dumm sein, ist doch klar, also trete ich nicht vor. Man merkt, dass ich müde bin, habe jetzt schon drei Stunden am Stück in die Tasten gehauen, vor Faulheit liege ich beinahe im Stuhl, die Arme aufgestützt, damit sie nicht schmerzen, zudem tun mir meine Leser leid, die diesen Quatsch lesen sollen, Kaffee habe ich auch noch nicht gehabt. Liebe Leser, ich trete nicht vor, aber auch nicht zurück, ich gehe jetzt Kaffee machen und Kuchen essen. Bin gleich wieder zurück. Da bin ich wieder (ätsch, reingefallen, habe ich noch VOR dem Kaffee geschrieben), gehe jetzt endgültig. So, nun bin ich zurück, vielleicht wird Tanja, meine Lektorin, diesen Quatsch streichen. Doch wie ich sie kenne, hat sie Sinn für Humor und lässt alles so stehen, ohne Fehler natürlich, hat wie immer meine zu vielen, doch oft notwendigen Kommas storniert, doch sinngemäss akzeptiert sie die Schreibe, wie immer. Ein Goldstück.

Man muss wissen, dass die Frage nach der Multiplizierung von Macht und Dummheit nicht sehr lustig ist, denn es geht wirklich um das Überleben der Menschen. Aber auch wenn es um ultimative Fragen geht, kann man die Lebenswelt, die Gefühle, den Humor, die Spassigkeit nie ganz weglassen. Und so lebe ich selbst zwischen dem Todernst meiner Texte und dem lustigen Alltagsleben in Minne mit dem Alltäglichen. Man kann solche Texte nur schreiben, wenn es dem Autor selbst sehr gut geht, ihm an nichts mangelt und er frei von der Leber weg definieren darf, was Dummheit und was Macht ist, sonst fallen die Texte ins Leere. Schreiben soll Freude machen und vor allem muss man überzeugt sein, damit - wie ein Mozart seine Kompositionen zum Erstaunen von Salieri einfach hingeworfen hat - die Texte praktisch ohne Nachkorrekturen entstehen können. Ein wertvolles Hirn sollte  imstande sein, Texte von Bedeutung ohne viele Nachkorrekturen entstehen zu lassen, denn ein sinnentleertes Hirn wird bei aller Schreibkunst nie einen wirklich nützlichen Text verfassen können. Ich kann mich noch nicht einmal dazu zwingen, unsinnige Texte zu schreiben, das Hirn wandelt jeden Dreck in Gold um. Und so kommt es, dass meine Texte erst richtig an Wert gewinnen, wenn sie ein zweites, ein drittes Mal gelesen werden. Selbst ich als Leser meiner eigenen Texte erkenne oft erst im Nachhinein, was da gemeint ist, im sehr konzentrierten Gestalten von Gedanken zu Zeilen bei der Erstschrift, denn da geschieht schon alles, was nachher von Bedeutung sein soll. Diese achtzehn Maximen habe ich ohne Änderung eines einzigen Buchstabens im Zeitraum von einer halben Stunde verfasst, es war alles schon da, im Hirn, gemeint ist allerdings nur der Entwurf der Eingangsthesen zu diesen 18 Kapiteln des Buches. Natürlich werden Tanja und ich noch am Text herumflicken, doch der Sinn der Sätze wird sich kaum mehr ändern lassen. Würde ich mich hintersinnen beim Gestalten meiner Texte, so wie viele Schriftsteller und Denker dies von sich behaupten, könnte ich kein einziges Buch schreiben. Ich würde kapitulieren vor dem eigenen Mut.

Ob dies schon Dummheit ist oder nur Macht verleihen soll, eines schönen Tages, weiss ich natürlich nicht, auch Tanja oder Leon oder Rita wissen es nicht. Sie, lieber Leser (keine Femininverhunzung hier, Sprache ist Sprache und soll von Sexismus befreit sein), also Sie, lieber Leser weiblicher und männlicher Provenienz, wissen es auch nicht, erst die Historie wird den Weg weisen. Stimmt die These "Macht x Dummheit = Selbstzerstörung" überhaupt? Sie stimmt nur, wenn die Macht falsche Ziele anstrebt, die Dummheit diese Macht verstärkt, die Demokratie aus Dummen besteht, Mehrheitsbeschlüsse gefasst werden zum Zweck der Machtsteigerung des Menschen zum Schaden der Erde und wenn ganz am Schluss klar wird, dass all dies zu einer Selbstzerstörung und damit zum Ende der Spezies Mensch geführt hat. Ich bin mir sicher, dass diese These stimmt, ich würde mein Leben darauf verwetten. Doch Sie, lieber Leser, sind noch im Ungewissen, weil Sie dieses Buch noch nicht verinnerlicht haben. Also, ein zweites, ein drittes Mal lesen, solange, bis der Groschen endlich, endlich gefallen sein wird. Dann erst erkennen Sie Ihre eigene Dummheit und Machtlosigkeit und tragen dazu bei, dass Ihre Nachkommen auch noch ein Leben in Frieden und Freiheit geniessen können. Sonst, gute Nacht du schöne Realität des Faktischen.