Marbot - Hildesheimer - Goethe
Wolfgang Hildesheimer mochte im Alter
nicht mehr schreiben, zu sehr enttäuschte ihn die Welt.
Dies war ein Missverständnis, welches
sehr klar wird auch über den Roman "Marbot".
Dieser Andrew Marbot schien ein Genie
der Erkenntnis gewesen sein, der mit 29 Jahren starb von eigener Hand, weil er
die Welt nicht mehr ertrug und ans Ende seiner Entwicklung gekommen schien.
Doch nehmen wir die Typen,
Hildesheimer, Marbot und Goethe mal auseinander, bis sie in ihre Einzelteile
zerfallen und nichts mehr bleibt:
Ich war damals in Poschiavo als Hildesheimer
dort seine letzten Jahre erlebte. Er war befreundet mit einem Maler und
Bildhauer, der sein Atelier in Poschiavo hatte und ich besorgte seine
Buchhaltung und Steuern gegen Kunstwerke.
Eines Abends besuchte ich seine
Ausstellung und nachher gingen wir (seine Frau, meine Freundin und Hund) zu ihm
nach Hause, assen bei Kerzenlicht und redeten bis in die Morgenstunde. Ich
stelle mir nun vor, dass Hildesheimer auch dort eingeladen gewesen wäre und ich
mit ihm folgendes Zwiegespräch gehalten hätte:
Hildesheimer: Sie erinnern mich etwas
an den Typen Marbot aus meinem Roman, der auch alles in Frage stellte und
verstehen wollte, wie unsere Leben funktionieren, was Kunst ist, was diese Welt
bedeutet und in welchem Zustand sie sich befindet.
Delavy: Ich denke es gibt einen
Unterschied zu Ihnen, Herr Hildesheimer, und Marbot: Während ihr versucht
diesen Status quo zu erklären, erkenne ich den Wahnsinn unserer Systeme und
warum nichts funktioniert, wie die Massenmehrheit der 99,99 Prozente der Welt
glaubt, es zu wissen.
Hildesheimer: Aber es kann ja nicht
falsch sein, wenn die gewaltige Mehrheit einen Goethe oder Shakespeare oder
Dante oder Einstein bewundern. Diese Mehrheit ist der Beweis, dass wir es hier
mit gewaltigen Köpfen zu tun haben und Marbot war von einer unfehlbaren Kritik
durchdrungen und konnte diese Menschen richtig beurteilen bevor er starb.
Delavy: Da bin ich ganz anderer
Meinung: Die Mehrheit und die Massen der Welt sind völlig verblödet. Sie
akzeptieren jeden Blödsinn, wenn er einmal zum System geworden ist. Zudem
stehen wir vor dem Ende mit der Finanzindustrie, dem Raubbau an der Natur,
Vernichtung der Umwelt, Verblödung durch Technik und Unverstand der Realität
gegenüber. Weil wir die Welt nicht begreifen, akzeptieren wir einen Wahnsinn
wie den Urknall und die Verbrechen der Oligarchie - und behaupten, dass jene
Idioten, die diesen Zustand vergötterten, so wie Shakespeare, Goethe, Nietzsche
und alle Denker und Philosophen und Künstler, einfach Genies haben sein müssen.
In diesem Sinne war Marbot nur ein einfacher Kritiker des Bestehenden, er
begriff nie die Gesamtheit der Verbrechen der Vergangenheit, der Gegenwart und
der Zukunft und den Irrsinn von Religionen und Glaube.
Hildesheimer: Ich denke es gibt einige
Gebote der Vernunft und des Vertrauens und einen Sinn, den wir nicht verstehen.
Man sollte begreifen, warum es Kunst gibt, warum diese von Wert ist, warum wir
das Leben schätzen sollten und warum es ein Verbrechen sein soll, so wie Marbot
die eigene Mutter zu vögeln.
Delavy: Dieser Punkt ist interessant.
Es gibt keinen Zweifel, dass die Väter in der Dritten Welt und auch in den USA
und Europa massenweise ihre Töchter vögeln und seltener die Mütter ihre Söhne.
Der Unterschied ist, dass der Vater es tut wie mit einer Hure, denn er muss
wieder mal, während die Mutter es mit Anstand und Besorgung tut. Diese
Verlogenheit im Sexuellen ist der Missstand von allem an Verlogenem, im
Glauben, im Ablass, im Hexenkult, bei der Behandlung aller Arbeiter als Sklaven
und dem Fakt, dass heute die Oligarchen immer reicher werden mit einer
gottverfluchten Finanzindustrie und die Leute der Arbeit bald am Verrecken
sind, zusammen mit dem Planeten, der schon längst keine Chance mehr hat...
Hildesheimer: Wechseln wir das Thema,
es ist etwas zu kompliziert. Wie fanden Sie die Ausstellung von meinem Freund
Alexis....
Nun denn, dieser Text spricht für sich
selbst. Die Mehrheiten haben niemals recht, ob sie einen Donald Trump wählen,
eine Thatcher oder Ronald oder den Blödsinn von Einstein bewundern.
Wir gehen dem Ende entgegen, im Leben
zum Tod, egal ob per Individuum oder kollektiv als wahnsinnig gewordene Masse
des 21. Jahrhunderts....
René Delavy - Berlin and Bournemouth
written in November 2016