2. Kapitel: Schadensbegrenzung
Alle schädlichen Institutionen werden sofort geschlossen: Börsen, Casinos, Banken, Versicherungen, Anlagefonds, Fluggesellschaften, Autofabriken, Tierfabriken, Folterkeller, Waffenherstellung usw. Die frei werdenden Kräfte werden mit nützlicheren Aufgaben betreut, zum Nutzen, nicht zum Schaden der Zivilisation.
Alle schädlichen Institutionen sollen also geschlossen werden: Börsen, Casinos, Banken, Versicherungen, Anlagefonds, Fluggesellschaften, Autofabriken, Tierfabriken, Folterkeller, Waffenherstellung und so fort. Geht dies überhaupt? Kann man die ganze Industrie und die ganze Dienstleistungsgesellschaft umkrempeln, ohne dass alles zusammenfallen wird?
Die Wahrscheinlichkeit, dass alles zusammenfallen wird, ist riesengross, ist kaum zu vermeiden. Nur ist leider die Alternative noch sicherer: Die Fortführung der jetzigen Verhältnisse führt in die Unlebbarkeit der Welt, zum Zusammenbruch aller Geldwerte, in Chaos und Verdammnis, zur Verarmung und Kriminalisierung der ganzen Welt. Wollen wir dieses Szenarium? Nicht? Warum denn nicht? Ist doch so einfach und schön. Man wird immer reicher, in der Phantasie, und immer ärmer in der Realität. Ist doch herrlich, romanesk, hollywoodmässig spassig und lustig. Ich denke, wir wollen keinen Wechsel, wir sollten uns noch einige Jahrtausende amüsieren können auf einem leergefegten Rundum, genannt Mad-Max-Erde.
Man sieht das Dilemma und wird ganz, ganz ruhig und bescheiden. Wer jetzt noch aufmuckst gegen die Theorien des Delavy gehört unter die Guillotine. Wir haben keine Alternative ausser jener der Zielgesellschaft, unter Abschaffung der Geldwelt, des Kapitalismus, der Globalisierung, der Individualisierung, des Neoliberalismus, der Denkschulen von Macht und Machbarkeit einer zu Ende gehenden Menschenwelt.
Sollen mich doch alle am Arsch lecken. Ich habe es satt, es macht mich müde zu schreiben, auf diesem Denkniveau, während die Dummen dieser Welt diese Schriften totschweigen und alles tun, um die Stimme des Delavy klein zu halten. Was tue ich hier überhaupt? Eigenen Schaden begrenzen? Hochmut der Selbstbefriedigung des Geistes? Sollen mich alle am Arsch lecken, alle Mächtigen und falschen Propheten dieser Welt, die Religionsführer, Philosophen, Esoteriker, Politiker, die sich suhlen in ihrer eigenen Unwichtigkeit. Sollen sie alle verrecken und zwar rasch.
Schreibe trotzdem weiter, doch unter Protest und mit der Voraussetzung, dass alle Realitätsverdreher ihrer Strafe noch zugeführt werden, vor oder nach meinem Tod. Darunter, unter dieser Forderung, schreibe ich kein Wort mehr. Eigentlich gibt es hier nur noch ein einziges Arschloch, und das bin ich selber, denn ein Leben lang habe ich versucht, diese Katastrophen an die grosse Glocke zu hängen und musste zusehen, wie jene Menschen mit Kleinsthirnen am meisten glorifiziert worden sind. Man verstehe meine ohnmächtige Wut oder auch nicht. Diese Menschheit hat es nicht verdient, meine Schreibe zu verstehen. Ich will es geschrieben haben, weil ich es kann und keine Bestrafung von Gott will, die Gaben weggeworfen zu haben. Mehr kann auch Gott nicht verlangen von einem Menschen, der ein ganzes Leben lang von Unsinn eingedeckt worden ist, denn schon als Kind wusste ich, dass alle Erwachsenen nicht mehr sind als gierige verzogene Kleinkinder, die nur körperlich gross geworden sind und dabei dumm blieben im Geiste. Gerade auch und im Besonderen jene, die sich als "Denker" feiern liessen und lassen. Diese Strafe eines Lebens, auf dieser Idiotenwelt in universellen Massstäben denken zu können, hat kein Mensch verdient.
Trotzdem weiter schreiben? Meine Schadensbegrenzungstheorie geht von der Idee aus, dass der Wechsel auf eine Zielgesellschaft möglich sei, wenn alle Menschen der Welt verstehen, dass sie keine Alternative haben. Es ist kaum zu glauben, doch man kann ohne weiteres leben ohne Börse, Banken, Krieg und Folter, sogar ohne massenweises Fliegen in alle Himmelsrichtungen, und dies ist möglich, ohne dass die Welt in sich zerfallen muss. Eines Tages geht man an die Arbeit wie gewohnt, im Wissen, dass man auch ohne Flüge und Geld, ohne Börsen, Banken und Versicherungen ein Leben weiterführen kann. Natürlich schon etwas unter anderen Voraussetzungen als vorher:
1. Der Banker geht nicht in die Bank, sondern zum Bauern und arbeitet daselbst ohne Lohn, aber mit der Gewissheit, dass er seine Wohnung behalten kann, Lebensmittel und Wasser bekommt und ihm auch sonst alle minimalen Lebensmöglichkeiten geboten werden, die dem Menschen gerecht sind.
2. Der Flugkapitän geht in ein Spital und macht einmal sauber, verdammi, denn er will auch nicht auf ein verschissenes Klo, sollte er dereinst krank werden. Natürlich wird man mit der Zeit für den Piloten eine gute Arbeit finden, seinen Fähigkeiten entsprechend. Doch jetzt geht es darum, dass die Primärfunktionen stimmen auf der Erde: Wasserversorgung, Strom, Nahrung, Kleider, Wohnraum, Sicherheit, Gesundheit, Kultur, geistige Nahrung, Informationen der nicht destruktiven Art.
3. Es braucht jetzt viel weniger als zuvor, von allem, also ist die Aufgabe des Überlebens unglaublich vereinfacht worden. Wenn man die Maschinerie des Menschenwahns nicht mehr bedienen muss, dann geht plötzlich alles ganz einfach. Keine Arbeitslosen mehr, keine Drogensüchtigen, keine Alkoholiker, keine Depressionen mehr, keine Folter, kein Krieg, kein Darben, kein Reichtum des Überflusses, keine Armut der Deprivation der schlimmsten Art.
4. Der Übergang ist das Mass aller Dinge. Es braucht keine gewaltige Planung, sondern nur den Willen aller nach Umsetzung. Es werden zwar Richtlinien ausgegeben, die absichern sollen, dass das Chaos nicht ausbricht, dass die Grundversorgungen der Menschheit nicht einbrechen, dass alle einer Arbeit nachgehen und dass Kompetenzzentren geschaffen werden, die die richtige Kanalisierung der Kräfte garantieren.
5. Es braucht keine Aufregung. Wenn heute im Jahr 2004 etwas nicht funktioniert, ist es eine Katastrophe. Wenn nach dem Tag der Einführung einer Zielgesellschaft etwas nicht funktioniert, ist es egal. Nur die Grundversorgung muss funktionieren, sonst nichts. Es hängt eben nicht mehr alles mit allem und dem Geld zusammen, es müssen nur noch Ziele erreicht werden, Ziele zum Überleben der Menschheit und des Erdballs, sonst nichts.
6. Natürlich werden die Erkenntnisse der Vergangenheit nicht bachab geschickt: Flugzeuge sollen fliegen, wo unbedingt nötig, Fahrzeuge sollen zirkulieren, wo noch sinnvoll, Atomkraftwerke sollen noch auslaufen, wo nicht sofort ersetzbar, Grossverteiler sollen ihre Läden zur Sicherung der Versorgung noch geöffnet halten, bis andere Verteilungswege eröffnet sind, Transporte werden zu Ende geführt und erneuert, wo unbedingt erforderlich - alles gesteuert von einem gesunden Menschenverstand. Er soll das Diktat übernehmen, nicht ein allgewaltiger Planzentralismus.
7. Doch die Welt der gnadenlosen Mobilität wird plötzlich gestoppt, von einem Tag auf den anderen. Für Übergangslösungen bleibt keine Zeit, dafür haben die Falschdenker gründlich gesorgt. Alle selbst zerstörerischen Mechanismen werden sofort ausser Kraft gesetzt, an dem Tag, an welchem Delavy das Kommando gibt. Wenn kein Delavy vorhanden ist, soll ein anderer das Zeichen geben, der Sinn für Optimierungen des Augenblicks hat. Doch ohne plötzlichen Wandel wird gar nichts geschehen und der Abgrund bald erreicht sein.
8. Das Denken muss revolutioniert sein, BEVOR alle obigen Mechanismen in sich greifen und eine neue Erdenrealität schaffen. Dann wird die Erdbevölkerung nach unten korrigiert und der Technologiewahn hinter uns gelassen. Ohne Geist wird gar nichts möglich werden, noch nicht einmal, dass eine einzige Schraube an einer Atomwaffe gelockert wird.
9. Die Zielgesellschaft wird durch Versuch und Irrtum immer mehr verfeinert, bis alle ihre Arbeit haben, die ihren Fähigkeiten und Neigungen entsprechen wird. Und dann kann man daran gehen, die Ungleichheiten etwas zu korrigieren. Der Villenbesitzer übernimmt eine etwas bescheidenere Wohnung, weil er schon immer auf der Geistestasche von fähigeren Menschen gelebt hat und der Clochard unter der Brücke zieht zusammen mit anderen Clochards in die Villa ein, weil sie die besseren Ideen entwickeln bei der Umsetzung der Geldwelt in eine Zielwelt, so sie denn über Bildung verfügen.
10. Es darf keine Willkür aufkommen. Weisenräte, die aus den integersten Geistern der lokalen Begebenheiten kommen, in allen Ländern der Welt, werden Entscheidungen treffen. Prüfungsgremien werden diese beurteilen. Per Mehrheitsbeschluss von Weisenräten, nach Einsicht und Beurteilung der Prüfungsberichte, werden die lebensgebenden Entscheidungen getroffen und diese sind zu befolgen, damit wiederum über Versuch und Irrtum das System immer mehr verfeinert werden kann.
11. Es wird weiterhin ein Rechtssystem geben, doch dieses kommt nur zum Einsatz, wenn Verbrechen geschehen oder wenn sich zuviel Opposition des Beharrens breit macht, aber auch, wenn berechtigte Kritik aufkommt, nachdem mögliche Fehlentscheidungen getroffen worden sind. Das Ewigmenschliche wird kaum zu eliminieren sein, und deshalb ist der Bewusstwerdungsprozess vor dem Systemwechsel so ungemein wichtig. Deshalb ist es auch eine Grundvoraussetzung, dass das Denken revolutioniert wird v o r Umsetzung des Denkmodells, denn sonst gehen die Verteilungskämpfe auf niedrigem Reflexionsniveau endlos weiter, wie schon im heutigen Polit- und Rechtssystem, und wir werden nie einen Ausweg finden aus der Ausweglosigkeit unserer heutigen Denkgefängnisse.
Die Idee einer Schadensbegrenzung muss von der menschlichen Vernunft ausgehen, von der Vermutung einer Fähigkeit zur kritischen Vernunft, dem Erahnen der Möglichkeit, dass logisches Denken nachvollzogen werden kann. Wenn diese Grundvoraussetzung des Handelns nicht gegeben ist, kann man dieses Buch getrost dem Müll überantworten, was durchaus eine Alternative ist. Wenn man die Menschheit beurteilt, so wie ich, muss man vor dem eigenen Mut erschrecken und so sage ich, dass das Wagnis wirklich irre ist. Doch ich sage auch, dass wir keine Alternative haben. Ein echtes Dilemma. Ohne die Erkenntnis, dass ich zu hundert Prozent Recht habe mit meiner Beurteilung des Zustands dieser Erde, wird nichts mehr gehen, weder in einer Geld- noch in einer Zielgesellschaft. Mit diesem Bewusstsein werde ich in den Tod gehen, ob dereinst diese Theorien begriffen worden sind oder auch nicht. Geistige Schadensbegrenzung muss der gelebten Veränderung von unlebbaren Verhältnissen vorausgehen. Nur auf diese Weise bekommen wir nochmals eine Chance. Es wird wahrscheinlich die letzte sein, die Gott uns noch bescheren wird. Eine andere bekommen wir nie mehr. Oder doch? Schauen wir einmal, auf welche gescheiten Ideen die Wissenschafter im Jahr 2004 kommen, um diese Welt noch retten zu wollen:
Copenhagen Consensus. Im Mai 2004 findet in der Stadt Kopenhagen eine Konferenz statt, in welcher zehn berühmte Ökonomen als Weltverbesserer und Retter der Menschheit Lösungsvorschläge für die zehn dringlichsten Probleme in der Welt vorbringen wollen. Die Themen sind:
Hunger und Unterernährung, Klimawandel, ansteckende Krankheiten, bewaffnete Konflikte, Bildung, finanzielle Instabilität, politische Führung und Korruption, Bevölkerung und Migration, Hygiene und Wasser und Protektionismus. In all diesen Bereichen sollen Wissenschafter Diskussionen leiten und zu vernünftigen Lösungsvorschlägen gelangen.
Im Einzelnen geht es um die Quantifizierung der Schadensbehebung, ausgedrückt in Form von Geldeinheiten des Dollars: Was kostet es, ein Kind vor dem Hungertod zu retten und ihm ein Überleben zu erlauben? Was kostet es, ein Kind von der Krankheit X, Y oder Z genesen zu lassen und ihm eine Weiterführung des Lebens zu gestatten? Was bringen Investitionen in Vitamine, Nahrungsmittel, Medikamente, Verbesserungen von Wasserversorgung und Wohnsituation etc.? Alles wird also gemessen an unserer Geldeinheit. Die kranken und dem Hungertod geweihten Kinder werden quantifiziert, nach toller Kapitalistenart. Es ist ja heute nicht mehr möglich, anders zu denken als über die Nutzbarmachung von Geld. Wie kann die Welt die unter den Tisch der Reichen fallenden Restressourcen an Kapital so investieren, dass möglichst viele geschädigte Mitglieder in dieser Welt wieder funktionieren und konsumieren können? Wie viel kostet es, verlorene Seelen wieder an den Tisch der normal Funktionierenden zu setzen? Welche Investition in das veranstaltete Menschenschlamassel, Resultat eines gigantischen Fehldenkens, lohnt sich? Wie bringen wir den selbst gemachten Saustall, sprich Wirtschaftsordnung, wieder in blendende Ordnung? Welches Maler- und Gipserkommando setzen wir dabei ein?
Es ist ein Wahn der ganz besonderen Idiotie, genau richtig für das technokratisch-wissenschaftliche Denken einer Vielzahl von Möchtegern-Weltverbesserern. Kein Wort von der Möglichkeit, die Systeme so zu ändern in der Welt, dass alle Menschen, gleich welchen Alters, wieder eine Überlebenschance in geordneten Verhältnissen bekommen. Kein Wort zum Babyboom in der Welt, wo immer noch Milliarden Kinder erzeugt werden von Eltern, die nicht einmal sich selbst ernähren können. Kein Wort von der Kriminalität, der Kriegsbereitschaft, dem schnelleren Verzehr von Landschaften, Ressourcen und Energie durch die wieder lebensfähig gemachten Menschen. All dies ist ein grosses Tabu und deshalb konzentrieren die Herren sich auf Machbarkeiten von Scheinlösungen. Diese Technokraten sind von einer gigantischen Unmenschlichkeit des Guten. Sie wollen retten, und indem sie retten, vernichten sie immer noch schneller die Lebensgrundlagen auf diesem unserem Planeten. Einige der Herren haben bereits den Nobelpreis, andere sind dafür schon vorgeschlagen worden. Ich wundere mich nicht. Es sind immer die Dümmsten, die ausgezeichnet werden. Es ist ein krimineller Denkansatz, Leben respektive die Rettung von Leben in Geldmengen zu messen, von Menschen in Ländern und Gebieten, die aus allen gerechten Rastern fallen. Dies alles geschieht, weil unsere Verteilungs- und Globalsysteme falsch sind, nicht funktionieren, immer mehr Schaden als Nutzen erzeugen und systemimmanent von sich aus immer Reiche und Arme, Bevorzugte und Benachteiligte erzeugen müssen, wobei der Gesamtreichtum der Erde rapide gegen Null zustürzt.
Nie soll man Leben in Geld messen, dieser Wahn im Kapitalismus, sondern Lösungen suchen in der Ethik und in Systemen von Moral und Machbarkeit, im Lichte der Logik des Überlebens einer Art in einer Weise, dass sich gelebtes Leben überhaupt noch lohnt. Ich bin so empört über diesen Zeitungsartikel, über diese Macher der übelsten Art, dass ich hier meine Nachdenklichkeit fallen lassen will, sonst müsste ich noch ausfallender werden. Es kann einfach nicht sein, dass wir uns das Denken und Handeln von solchen Idioten vorschreiben lassen. Wer platziert die Bombe in Kopenhagen? Ich tue es ethisch und moralisch mit diesem Bericht, der so gut zum Thema "Schadensbegrenzung auf dem Planeten" passt.